Vor einigen Tagen hat der Nationalrat – wenn auch äusserst knapp – entschieden, die neue Verfassung des Kantons Schwyz, die seit 2012 in Kraft ist, nicht zu gewährleisten. Stein des Anstosses ist das Wahlverfahren der Parlamentsmitglieder, das kleine Fraktionen systematisch benachteiligt.

Grund dafür sind die kleinen Wahlkreise. Die 100 Grossratssitze im Kanton Schwyz verteilen sich auf nicht weniger als 30 Wahlkreise, die zugleich den 30 Gemeinden des Kantons entsprechen. So ist die Proporzwahl im Kanton Schwyz ein Etikettenschwindel: In 13 Wahlkreisen ist bloss ein einziges Mandat zu vergeben, womit der Proporz automatisch zum Majorz wird. Weitere 8 Wahlkreise kommen auf jeweils 2 bis 3 Sitze. Auch hier ist ein Sitzgewinn durch eine kleinere Fraktion praktisch ausgeschlossen.  Nur 3 Wahlkreise (die Gemeinden Schwyz,  Einsiedeln und Freienbach) kommen auf mindestens 9 Sitze, die gemäss einem Urteil des Bundesgerichts notwendig sind, um die demokratischen Rechte von Minderheiten zu schützen und erhebliche Verzerrungen der Stimmkraft zu verhindern. Insgesamt werden über zwei Drittel der Parlamentssitze nicht bundesrechtskonform verteilt.

Die Ausgestaltung der Wahlkreise

Alleine ist der Kanton Schwyz mit diesem Problem allerdings nicht, wie ein Blick auf die Tabelle zeigt.  Auch in Uri, Appenzell Ausserrhoden, Zug, Obwalden, Wallis und Nidwalden erfüllen viele Wahlkreise die Kriterien des Bundesgerichts nicht, in Graubünden und Appenzell Innerrhoden wird grundsätzlich im Majorz gewählt. In der Mehrheit der genannten Kantone werden und wurden jedoch Wege, das Wahlsystem gerechter zu gestalten, diskutiert oder bereits umgesetzt.

Kleine Wahlkreise sind jedoch nicht nur im Hinblick auf die demokratischen Rechte von Minderheiten problematisch:

  • In kleinen Wahlkreisen besteht die Gefahr, dass sich Parlamentarier allzu stark an lokalen Interessen orientieren, um ihre (Wieder-)Wahlchancen zu erhöhen. Dies verschärft sich noch, wenn aufgrund der Kleinheit des Wahlkreises das Proporz-Wahlsystem zu einem Majorz konvergiert. Um die Wahlchancen in diesem Fall zu maximieren, gilt es, den kleinsten gemeinsamen Nenner der Interessen des Stimmvolkes zu finden. Und dieser liegt am ehesten bei der Durchsetzung lokaler Interessen.
  • Die Sitze in den Kantonsparlamenten werden üblicherweise proportional zur Einwohnerzahl der Wahlkreise verteilt. In den Kantonen mit vielen kleinen Wahlkreisen gelten jedoch Mindestsitzzahlen – meist ein oder zwei Sitze – pro Wahlkreis. Die dadurch entstehenden Stimmgewichtsverzerrungen sind in der Mehrheit dieser Kantone nicht weiter relevant, da sie nur einzelne Gemeinden betreffen. In den Kantonen Schwyz, Graubünden, Uri und Appenzell Ausserrhoden, in denen durchschnittlich nur etwa drei Sitze pro Wahlkreis zu vergeben sind, führt dieses System jedoch zu massiven Verzerrungen (siehe Abbildung). Bestimmte Regionen oder Gemeindetypen erhalten damit ein überproportionales politisches Gewicht. Dadurch können im Extremfall Reformen, die aus kantonaler Sicht wünschenswert wären, erschwert oder gar blockiert werden.

Der Kanton Schwyz täte gut daran, nicht weiter für einen positiven Entscheid der Bundesparlamentarier zu lobbyieren, sondern die Diskussion um Alternativen zum jetzigen Wahlsystem wieder aufzunehmen.

Mehr zur Stellung der Gemeinden in den Kantonen erfahren Sie aus der Publikation «Gemeindeautonomie zwischen Illusion und Realität».