Die Schweiz geniesst international den Ruf eines Steuerparadieses. Doch sieht man von einer geringen Zahl Aufwandbesteuerter und steuerlich bevorzugter Holdings ab, ist die Gesamtbelastung der hiesigen Haushalte und Unternehmen nicht als besonders tief einzustufen. Ein internationaler Vergleich der Zwangsabgabenquoten – des Anteils aller Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge am Bruttoinlandprodukt (BIP) – und der durchschnittlichen Steuerbelastung zeigt dies deutlich (siehe Tabelle). In der Tabelle sind die BIP-Werte und die Steuereinnahmen pro Kopf auf der Basis der Kaufkraftparität ausgewiesen. (Durch die Berücksichtigung der Kaufkraftparität lässt sich der verzerrende Einfluss der kurzfristigen Wechselkursschwankungen und des allgemein höheren Preisniveaus der Schweiz korrigieren.)

Gemäss OECD-Definition hat die Schweiz eine relativ tiefe Fiskalquote von 30,3%. Diese schliesst jedoch die obligatorischen Beiträge an die berufliche Vorsorge und an die Unfall- und Krankenversicherung von der Berechnung aus, weil sie an private Einrichtungen geleistet werden. Damit wird ein falsches Bild von den Belastungen der hiesigen Haushalte mit Zwangsabgaben gezeichnet. In den meisten anderen Ländern werden diese Zwangsabgaben an die staatliche Sozialversicherung entrichtet, was sich entsprechend in einer höheren Fiskalquote niederschlägt. Zudem findet in der Schweiz bei den privat organisierten, obligatorischen Versicherungen immer mehr eine Umverteilung zwischen den Versicherten statt, sodass sie auch unter diesem Aspekt zunehmend gewöhnlichen Steuern ähneln.

Berechnet man daher sachgerechter eine Zwangsabgabenquote statt einer Fiskalquote, liegt die Schweiz mit 42,6% im Mittelfeld der kontinentaleuropäischen Länder. Ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass die Schweiz – dank höherem Einkommensniveau – sogar nach der engeren OECD-Definition der Fiskalquote etwa gleich viele Ressourcen pro Kopf wie die Hochsteuerländer Frankreich und Deutschland umverteilt. Rechnet man zur Fiskalquote sämtliche Zwangsabgaben hinzu, stellt man fest, dass in der Schweiz die Pro-Kopf-Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge mit 17‘870 $ sogar jene von Schweden (17‘500 $), dem Wohlfahrtsstaat par excellence, übertreffen.

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