Die klassischen Medien in der Romandie und andernorts bekunden nach wie vor Mühe mit der Digitalisierung. Die Leserschaft altert, die Verkaufszahlen sinken und die Werbeeinnahmen brechen weg. Die Anzahl Digital Natives, die Medien kaufen oder abonnieren, ist klein. Die Erosion geht langsam vonstatten und ist nicht immer deutlich wahrnehmbar. Sie wird aber offenkundig, wenn Publikationen verschwinden (2017: Einstellung «L’Hebdo», 2018: Druckstopp «Matin semaine») oder wenn – was immer häufiger vorkommt – Umstrukturierungen und Kostensenkungen angekündigt werden.

Die Regionalpresse des Arc lémanique steht besonders unter Druck

Aufgrund ihrer lokalen Inhalte spielt die Regionalpresse für die Meinungsbildung eine sehr wichtige Rolle und steht damit im Dienste des Service public. Dies genügt jedoch nicht, um den wirtschaftlichen Niedergang zu verhindern. Der Abwärtstrend ist rund um den Léman besonders stark spürbar: Die «Tribune de Genève», und in einem geringeren Ausmass auch «24 heures», können die Terrainverluste bei ihren gedruckten Ausgaben weder aufhalten noch durch Zugewinne bei den digitalen Formaten kompensieren. Seit 2011 gehören die Titel der Zürcher Tamedia-Gruppe.

Niedergang des Zeitungsgewerbes. (Bank Phrom, unsplash)

Auch die Übernahme stoppte den Abwärtstrend nicht. In anderen Kantonen, besonders in Fribourg («La Liberté», «Edition St-Paul») und im Wallis («Le Nouvelliste», ESH Holding), wo die lokalen Medien ihre identitätswahrende Funktion pflegen und im Eigentum gut verankerter Verlagsgesellschaften sind, ist die Situation ein bisschen besser. Insofern geht es der Regionalpresse im Arc lémanique weniger gut als in den anderen Westschweizer Kantonen, was sich teilweise durch das Engagement der jeweiligen Verleger erklären lässt.

Distanzierte Deutschschweizer Verleger

Die geografische Nähe (also auch die politische, personelle und berufliche) fördert das Engagement des Verlegers in Sachen Erhaltung der Regionalpresse besser als das Management aus der Ferne. Tamedia versucht die fehlende «emotionale Nähe» durch ihre nationale Präsenz zu kompensieren: Als Mittel dienen Kostensenkung durch Konzentration und Zentralisierung der Ressourcen, wovon auch die Redaktionen betroffen sind. Einstein beschrieb diese Torheit einst mit dem Satz «immerzu dasselbe tun und trotzdem auf andere Ergebnisse hoffen».

Es ist fraglich, ob die konstanten Top-down-Restrukturierungen, einschliesslich des Angebots an die Leser, den Zeitungen des Arc lémanique zu einer grösseren Leserschaft und mehr Werbeeinnahmen verhelfen. «Le Temps», eine Qualitätszeitung der Romandie, verfolgt den gleichen Ansatz: Die Kostensenkungen «kompensieren» dabei in der Regel den Leserschwund. Obwohl sie von zwei deutschsprachigen Verlagshäusern (Ringier aus Zürich und Axel Springer aus Berlin) herausgegeben wird, profitiert «Le Temps» nicht von einem nationalen Netz à la Tamedia. «Le Temps», aktiv und raffiniert bezüglich ihrer Digitalisierungsstrategie, muss deshalb eine Solopolitik verfolgen und kann nur auf ihre eigenen Kräfte zählen.

Medienpolitische Solidarität mit RTS über die Sprachgrenzen

Währenddessen hält RTS seine Marktanteile recht gut. Seine Programme, insbesondere das Radio, scheinen dem – freilich alternden – Publikum gut angepasst zu sein. RTS pflegt einen lebendigeren, weniger steifen Stil bei Debatten und Unterhaltungssendungen als sein Deutschschweizer Pendant SRF. Daraus ergibt sich eine Form der emotionalen Nähe, die ein grosser Gewinn ist.

All dies ist nur dank den Deutschschweizer Beitragszahlern möglich: RTS generiert nur 23% der SRG-Einnahmen, verfügt aber über 33% des gesamten SRG-Budgets. Diese «Differenz» entsprach 2017 115 Mio. Fr. Umgekehrt entfallen auf SRF nur 73% aller SRG-Gebühren, während es nur 43% des Gesamtbudgets beansprucht. Die Deutschschweizer Beiträge ans Programm der RTS sind also essenziell.

Dieser Beitrag wurde erstmals in «Einzigartige Dynamik des Arc lémanique» publiziert.