Grundsätzlich kann man die Zuwanderung statt mit fixen Kontingenten auch mit freiwilligen Massnahmen drosseln. Das ist der Grundgedanke, der hinter dem Avenir-Suisse-Vorschlag für die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative  steht. Dies wäre auch ein Kompromiss, der für beide Seiten annehmbar sein könnte, findet Gerhard Schwarz. Ein solcher Ansatz nähme das Ziel der Initiative – die Zuwanderung zu reduzieren – ernst, ohne mit der EU in Konflikt zu geraten. Avenir Suisse plädiert für eine langfristige Zielvorgabe. Die Schweiz soll für zehn Jahre eine Obergrenze des Bevölkerungswachstums festsetzen. Kontingente würden (rückwirkend) in Kraft treten, wenn es nicht gelänge, bis ins Jahr 2021 den vorgegebenen Migrationspfad mit freiwilligen Massnahmen zu erreichen.

«Zeit ist ein sehr wertvoller Faktor»

Der Zeitgewinn ist für Projektleiter Patrik Schellenbauer ein wichtiger Vorteil des Vorschlags: «Würden bereits nächstes Jahr scharfe Kontingente eingeführt, so hätte dies gravierende Konsequenzen für Wachstum und Löhne in der Schweiz.»

Gelingt es aber nicht, den Volkswillen in der gewonnenen Zeit umzusetzen, so drohen am Ende trotzdem fixe Kontingente, verbunden mit  unproduktiven Verteilkämpfen und einer ausufernden Bürokratie. Diese Drohung schätzt Patrik Schellenbauer als gross genug ein, um die Wirtschaft dazu zu bewegen, die Begrenzung der Zuwanderung selber in die Hand zu nehmen, bzw.die Kontingentierung abzuwenden, etwa indem die Unternehmen vermehrt auf einheimische Ressourcen –Frauen und ältere Arbeitnehmer – zurückgreifen. Eine Abgabe auf Branchenebene könnte dazu die richtigen Anreize setzen, da sie den relativen Lohnunterschied zwischen der Schweiz und dem Ausland verkleinern würde. Ihr Ertrag könnte dazu verwendet werden, den einheimischen Arbeitskräftepool noch besser auszuschöpfen und zu stärken.

Auf wortgetreue Umsetzung verzichten

Aber nicht nur Wirtschaft und Verbände müssten umdenken. Auch die politische Praxis der Standortförderung ist überholt. Laut Patrik Schwellenbauer sollten nur noch sehr strukturschwache Regionen ausländische Firmen mit Steuervergünstigungen anlocken dürfen.

Der Umsetzungsvorschlag von Avenir Suisse bedingt eine gewisse Flexibilität in der Auslegung des neuen Verfassungstextes. Es wäre auch nicht zielführend, den Wortlaut zu verabsolutieren. Anders ausgedrückt: Am Ziel einer gedrosselten Zuwanderung wird nicht gerüttelt, es soll aber möglichst verträglich erreicht werden.

Link zu «Echo der Zeit» (Radio SRF1) vom 28. Februar 2014