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Felix Huber, Co-Leiter und Gründungspartner der MediX, referierte über die Schweizerische Gesundheitspolitik und über unternehmerisch denkende Ärzte.

Seit Ende 2013 logiert Avenir Suisse im «Haus der Gesundheit» an der Rotbuchstrasse. Grund genug, Felix Huber, Co-Leiter und Gründungspartner des MediX-Ärztenetzwerkes und der MediX-Gruppenpraxen (siehe Box) zu einem Mittagsreferat über die Gesundheitspolitik einzuladen.

Auch wenn er sich gelegentlich grün und blau ärgere über das Gebaren gewisser Krankenkassen: Felix Huber ist ein dezidierter Gegner der im September zur Abstimmung gelangenden Vorlage für die Einführung einer Einheitskrankenkasse. Ohne kompetitives Umfeld hätten weder die Versicherung noch die Ärzte einen Anreiz, die Leistungen laufend zu verbessern.

Ärzte tragen finanzielle Risiken mit

Heute handle die MediX mit (fast) allen 61 Krankenkassen Verträge über eine Pauschalvergütung aus. Dabei wird mit Hilfe des aus den USA stammenden «Capitation»-Modells das Risikoprofil der Versicherten möglichst genau erfasst: Im Mittel erhält die MediX pro Versicherten rund 2000 Fr. Pauschalentschädigung, wobei die einzelnen Beträge aufgrund der individuellen Risikoparameter stark schwanken. Im Gegenzug übernimmt sie einen Teil des finanziellen Risikos für die Behandlungskosten und die Ärzte haben einen Anreiz, ihre Patienten nicht nur gut, sondern auch effizient zu behandeln.

In einem idealen Umfeld würde Huber zwar lieber nur mit 10 Krankenkassen verhandeln, aber das MediX-Modell baue auf Kassenvielfalt. Huber betrachtet Ärzte, Patienten und Kassen als Partner. Alle drei hätten ein Interesse an einem Verhandlungsresultat, an innovativen Lösungen und an Wahlmöglichkeiten. Der finanzielle Spielraum ergebe sich durch die effizientere Organisation in Gruppenpraxen und Ärztenetzwerken – aber auch dadurch, dass bis zu einem Drittel der Leistungen in der Grundversorgung überflüssig seien und nicht wirklich zum Wohle der Patienten beitrügen. Die Verpflichtung der MediX-Ärzte zu einem «kostenbewussten Einsatz der medizinischen Versorgung» gehe deshalb keineswegs auf Kosten der Qualität – im Gegenteil. Alle mediX-Praxen sind EQUAM-zertifiziert und treffen sich in regelmässigen Qualitätszirkeln und die Krankenkassen seien durchaus bereit, Qualität zu honorieren.

Ein Lanze gegen Billigkassen

Skeptisch beobachtet Huber aber, wenn Krankenkassen ihre eigenen Hausarztmodelle mit Billigkrankenkassen unterlaufen, die nur aufgrund einer guten Risikoselektion für eine beschränkte Zeit funktionierten. Nur junge, gesunde Menschen würden eine Billigkasse wählen, die sich bei Rückzahlungen ziere und von den Patienten verlange, die Medikamente in der Apotheke selber zu bezahlen. Auch telemedizinische Versicherungsmodelle, die die Billigkassen zunehmend ablösten, hätten grössere Risikoselektionseffekte als das Capitation-Modell. Da 80% der Gesundheitskosten in der Schweiz von chronisch kranken Patienten verursacht würden, trügen diese Modelle nur wenig zur Senkung der Gesundheitskosten bei. Solche Patienten bräuchten vielmehr eine zentrale Anlaufstelle rund um die Uhr und einen Hausarzt, der die Betreuung koordiniere. Dafür sei ein integriertes Versorgungssystem in einem Team oder Netzwerk am besten geeignet.

Bei allen Bemühungen um sinnvolle Versorgungsmodelle in der Medizin sei eine gesunde Distanz zwischen Versicherungen und Ärzten auch im Interesse der Patienten. Viele Versicherungen hätten in den letzten Jahren selber HMO-Praxen eröffnet, allerdings mit mässigem wirtschaftlichem Erfolg. Der Hauptgrund sei der drastische Mangel an Hausärzten – und dass die meisten Ärzte es vorziehen, in ärzteeigenen Strukturen zu arbeiten, statt bei einer Krankenkasse angestellt zu sein.

Die Realität überholt alle

«Viele Ärzte haben den Strukturwandel verschlafen», kritisiert Felix Huber. Das zeige auch die Abstimmungsniederlage über die Managed-Care Vorlage im Juni 2012, die auch auf den erbitterten Widerstand der Ärzteschaft, besonders der Spezialisten, zurückzuführen war. 76% der Stimmbürger lehnten die Vorlage ab, obwohl über 50% der Versicherten zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Managed Care Programm versichert waren. Dass die Abstimmung scheiterte, ist für Huber auch ein Paradox, erklärbar nur durch eine «Dichotomie des Verhaltens»: Auf der einen Seite wähle eine Mehrheit der Versicherten für sich selber ein kostengünstiges Modell, sei aber auf der andern Seite nicht bereit, sich die Wahlmöglichkeiten «von oben» beschränken zu lassen.

Vorreiter für Managed Care in der Schweiz

Gift und Galle hätten die Ärzte in den frühen 90er Jahren über die erste HMO-Gruppenpraxis in Zürich geschüttet, erinnert sich Felix Huber. Aber bald erkannten die damals von der IGAK (Interessengemeinschaft für alternative Krankenversicherungsmodelle) angestellten Ärzte, dass das Modell rentabel war. Die 20% Prämienreduktion der im HMO-Modell Versicherten wurde locker wieder eingespielt. Aber warum sollten sie das Geschäft den Kassen überlassen? Sie beschlossen, das unternehmerische Risiko selber zu tragen und gründeten die MediX Gruppenpraxis und die Ärztenetze mediX zürich AG und mediX bern AG mit anfänglich 1000 Versicherten. Heute zählt MediX 130’000 Versicherte, die sich im Hausarztmodell eingeschrieben haben. Die im MediX-Netzwerk verbundenen Ärzte verpflichten sich nach festgelegten Qualitäts-Guidelines zu arbeiten und sich regelmässig in Qualitätszirkeln auszutauschen.