Die Hoffnungen, die vielerorts in Gemeindefusionen gesetzt werden, sind gross. Der Zusammenschluss soll die Suche nach genügend qualifiziertem Milizpersonal vereinfachen, die finanzielle Lage der Gemeinden verbessern, die Leistungsqualität erhöhen, und damit letztlich die Standortattraktivität erhöhen. Genauso gross sind die Teufel, die Fusionsgegner in entsprechenden Diskussionen an die Wand malen. «Small is sexy» lautet dort die Devise, Fusionen hingegen würden nur zu Wasserköpfen in der Verwaltung führen, die Einwohner früherer Gemeinden in Minderheiten versetzen, die Bürgernähe reduzieren sowie die Identifikation mit der Gemeinde und damit das Milizsystem als Ganzes gefährden.

Robuste empirische Analysen ist schwierig, denn um korrekte Vergleiche zu ziehen, müsste man das Resultat der Fusion zweier (oder mehrerer) Gemeinden mit den entsprechenden Werten bei einer nicht-Fusion derselben Gemeinden vergleichen, was naturgemäss nicht möglich ist.

Einen gewissen Aufschluss über die Folgen von Gemeindefusionen gibt immerhin die Gemeindeschreiberbefragung, die alle paar Jahre von Kompetenzzentrum für Public Management (KPM) und vom IDHEAP Lausanne durchgeführt wird. In einer Frage werden die Gemeinden darum gebeten, auf einer Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft völlig zu) die bisher festgestellten Auswirkungen der Fusion (falls die Gemeinden aus einer Fusion entstanden ist) oder die vermuteten Auswirkungen einer Fusion (falls die Gemeinde nicht aus einer Fusion entstanden ist) zu beurteilen.

Auswirkungen Gemeindefusionen

Das Resultat (siehe Abbildung) ist in seiner Eindeutigkeit beeindruckend: Sämtliche negativen Auswirkungen (rot markiert) werden von den fusionierten Gemeinden deutlich weniger oft bzw. ausgeprägt festgestellt, als sie von nicht fusionierten Gemeinden erwartet werden. Für die positiven Auswirkungen gilt meist das Gegenteil. Ausnahmen bilden «Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) nimmt ab» und «einfachere Rekrutierung von Kandidaten für politische Ämter», doch auch hier ist die Differenz deutlich kleiner als bei den negativen Punkten. Trotzdem bleibt festzuhalten: In diesen zwei Fällen werden die Erwartungen nicht ganz erfüllt – besonders bei der IKZ ist das nicht sehr überraschend, denn eine deutliche Reduktion ist üblicherweise nur bei grösseren Gruppenfusionen möglich.

Zugegeben, auch dieser Vergleich ist empirisch alles andere als einwandfrei. Die insgesamt sehr positiven Ergebnisse sind wohl zu einem erheblichen Teil durch Selbstselektion zu erklären: Die fusionierten Gemeinden beurteilen die Auswirkungen nicht besser, weil sie fusioniert haben, sondern sie haben fusioniert, weil sie die Auswirkungen schon vor der Fusion positiver beurteilt haben. Für ein aufschlussreicheres Resultat hätte man fusionierende Gemeinden vor und nach der Fusion befragen müssen.

Trotzdem ist das Resultat wertvoll: Die sehr positiven Urteile der Gemeindeschreiber fusionierter Gemeinden über die Auswirkungen der Fusion – immerhin wurde jede einzelne positive Auswirkung als stärker zutreffend bezeichnet als jede einzelne negative Auswirkung – zeigen zumindest, dass sich nach der Fusion nicht die grosse Ernüchterung einstellt und dass vor allem die Befürchtungen von Fusionsskeptikern nicht in der erwarteten Intensität eintreffen.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in der Avenir-Suisse-Studie «Gemeindeautonomie zwischen Illusion und Realität».