Wirtschaftliche Freiheit, Markt und Wettbewerb
Damit Unternehmer ihre Rolle gut spielen können, muss sich der Staat auf seine Kernaufgaben besinnen und den Unternehmern grösstmögliche wirtschaftliche Freiheit garantieren. Wo Gestaltungsräume und unternehmerisches Handeln durch bürokratische Hürden eingeschränkt werden, sinken die Motivation, etwas auf die Beine zu stellen, und der Wille, Risiken einzugehen. Zur Freiheit gehört auch, dass unternehmerischer Erfolg, wenn er sich finanziell niederschlägt, nicht ganz weggesteuert wird. Sonst wird kaum jemand seine Energie und Leidenschaft einem Unternehmen, einer Idee oder einem Produkt widmen.
Konstitutives Element jeden Marktes ist der Wettbewerb. Er ist Ursprung und Kern von Fortschritt. Ohne den Druck der Konkurrenz wären die Unternehmer weder so effizient, noch so innovativ, wie sie es sind. Wettbewerb ist dabei kein gnadenloser Kampf aller gegen alle, und er ist höchstens in fehlgeleiteten, seltenen Situationen ein Nullsummenspiel. Normalerweise spornt Wettbewerb zu besseren Leistungen an, und am Schluss profitieren – wie beim Wettlauf – alle, weil alle besser, leistungskräftiger und kreativer werden.
Die Aufgabe des Staates: Ein stabiler Ordnungsrahmen
In Anlehnung an Walter Eucken strebt eine zweckmässige Wirtschaftsordnung vor allem eines an: Wettbewerb. Deswegen braucht es Wettbewerbspolitik: Denn für das einzelne Unternehmen ist Wettbewerb – zumindest aus kurzfristiger Perspektive – eine Last. Fast jedes Unternehmen strebt eine Monopolstellung an, um so seine Rente zu maximieren. Um die Effizienz der Märkte zu garantieren, muss daher die Macht der einzelnen Unternehmen beschränkt werden. Dies erfordert ein griffiges Kartellrecht und eine Absage an Subventionen, Schutzzölle und andere Bevorzugungen für einzelne Unternehmen und Wirtschaftszweige. Eucken hatte die Aufgabe der Wirtschaftspolitik auf den Punkt gebracht: «Die Wirtschaftspolitik wird wie alle Politik vor das Problem der Macht gestellt. Wie die ganze Geschichte ist die Wirtschaftsgeschichte vom Machtmissbrauch erfüllt.»
Neben der Konstituierung des Wettbewerbs können in Anlehnung an Eucken weitere wichtige staatliche Aufgaben skizziert werden:
- Eine stabile Währungspolitik: denn ohne Preisstabilität ist keine Planung möglich.
- Ein liberaler Binnenmarkt: Für den Import von Ideen, Wissen und Personen: Immigranten bringen neue Ideen, und sie sind häufig besonders hungrig, sich in ihrer neuen Heimat zu beweisen. Viele bedeutende Schweizer Unternehmer waren oder sind Ausländer, etwa Emil Bührle, Henri Nestlé oder Nicolas Hayek.
- Der Schutz des Privateigentums – auch vor dem Zugriff durch den Staat
- Die Gewährleistung der Vertragsfreiheit (ausser zur Ausschaltung des Wettbewerbs)
- Das Haftungsprinzip: Jeder soll so weit wie möglich die Früchte seines Tuns ernten können. Er muss aber auch für Fehltritte die Konsequenzen tragen.
- Rechtssicherheit und Konstanz der Wirtschaftspolitik: Bei allen Bemühungen um attraktive Rahmenbedingungen sollte sich der Gesetzgeber immer bewusst sein, dass abrupte Richtungswechsel die Wirtschaftsakteure überfordern und dass Rechtsunsicherheit zu Zurückhaltung von Investitionen und Konsum führt.
Die Aufgabe der Gesellschaft: Hochachtung
Ob sich Unternehmer gut entwickeln können, hängt nicht nur mit dem Staat, sondern auch mit der Stimmung in der Gesellschaft zusammen. Heute gibt es besonders in westlichen Ländern, allen voran in Europa, eine grundlegende Skepsis und Ablehnung gegenüber technischem Fortschritt und wirtschaftlichem Wachstum. Die Wahrung des Besitzstandes wird von vielen dem bewussten Eingehen von Risiken vorgezogen. Technologische Entwicklungen, zum Beispiel im Gen- und Nanotechnologiebereich, werden nicht nur kritisch beäugt, was in einem bestimmten Mass bei Neuerungen immer legitim ist, sondern sie werden so sehr verteufelt, dass ihre Erforschung in Europa fast unmöglich geworden ist. In der Energiepolitik kommt die Kultur der «Risikovermeidung um jeden Preis» besonders stark zum Ausdruck. Die Risikoaversion mag Folge einer guten wirtschaftlichen Entwicklung sein; man kann sie als Ausdruck einer zivilisatorischen Sättigung betrachten. Andere, aufstrebende Nationen sind hungriger und kennen weniger Berührungsängste.
Die Stimmung in Europa war nicht immer so: Die amerikanische Wirtschaftshistorikern Deirdre McCloskey sieht den Ursprung des rasanten Wirtschaftswachstums, das die Welt seit dem 17. Jahrhundert erlebt hat, in einem Ideologiewechsel, der Innovationen bewunderte und Neuerung und Fortschritt ehrte, statt sie ausbremsen zu wollen. Aus heutiger Sicht scheint eine «Nationale Huldigungskarte für Graf Zeppelin» (vgl. Abb.eines Exponats aus dem Zeppelin-Museum), wie sie in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts zu Tausenden versandt wurden, skurril. Aber sie zeugt von einer Gesellschaft, die das Neue würdigte. Erfolgreichen Unternehmern winkte als Lohn nicht nur der Gewinn, sondern auch die Anerkennung durch ihre Mitmenschen.
Lesen Sie nächste Woche, warum erfolgreiche Unternehmer eine Strategie der Gewinnmaximierung verfolgen.