Selbst wenn sich der Winter bisher von seiner milden Seite gezeigt hat: Die Energieversorgung ist noch längst nicht nachhaltig gesichert. Die drohende Energieknappheit im Winter war während Monaten in aller Munde. Nicht mehr gegeben war die Gewissheit, dass der Strom weiterhin zuverlässig aus der Steckdose kommt. Die Versorgungsunsicherheit ist ein multiples Staatsversagen.

«Die Energiestrategie 2050 ist ein eigentlicher Stromfresser»

Der Reihe nach: Die überhastet nach dem Nuklearunfall von Fukushima beschlossene Energiestrategie 2050 wird mittelfristig einen entscheidenden Beitrag zur Energieknappheit leisten. Einseitig – und wohl auch dem Zeitgeist geschuldet – setzte man im verantwortlichen Departement Uvek in den letzten Jahren auf die Elektrifizierung, bei der Mobilität genauso wie bei der Wärmebereitstellung für Gebäude. Der Energiebedarf wird in Zukunft weiter steigen – um rund den Faktor 1,5. Immer mehr Menschen fahren Elektroautos und installieren Wärmepumpen. Damit erweist sich die Energiestrategie 2050 als eigentlicher «Stromfresser».

Die Energiestrategie des Bundes ist ein Stromfresser. (Chuttersnap, Unsplash)

Gleichzeitig fallen zentrale Stromproduktionsanlagen mit Bandenergie weg. Deutschland hat den Atomausstieg beschlossen, die Schweiz Mühleberg 2019 abgeschaltet, und im westlichen Nachbarland Frankreich ist der Ersatz der bisherigen KKW alles andere als gesichert. Diese Ausgangslage führt zu politische Skurrilitäten erster Güte. So lanciert der Staat millionenschwere Subventionsprogramme für E-Mobilität, um nur wenige Wochen später die Bevölkerung zum sparsamen Stromverbrauch aufzurufen.

Zweitens spielt im Lande Willhelm Tells der Strommarkt bis heute nicht. In der Schweiz ist der Energiemarkt nur in Ansätzen liberalisiert – das Preisgefüge vielfach staatlich determiniert. Höhere Preise würden aber vermehrt Anreize zum Energiesparen schaffen und gleichzeitig die Entwicklung von Prozessen und Geräten mit höherer Energieeffizienz beschleunigen. Doch wie soll ein kantonales Elektrizitätsversorgungsunternehmen dazu motiviert werden, energieeffizientere Angebote bereitzustellen, wenn «Otto Normalverbraucher» als gefangener Kunde seit Jahren die Monopolrente des Staatsbetriebs garantiert? Nach wir vor sind Schweizer Stromversorgungsunternehmen zu fast 90% im Besitz der öffentlichen Hand, und über 99% aller Stromkunden können ihren Versorger nicht frei wählen.

Nicht politisch wünschbare, sondern effektive Projekte fördern

Drittens hat der Schweizer Gesetzgeber in der Vergangenheit viel unternommen, den Ausbau einheimischer Stromkapazitäten abzuwürgen. Angesichts des russischen Machtpokers um Gaslieferungen rächt sich das heute bitter. Doch unser Land muss zukünftig ehrlicher darüber diskutieren, ob in Zeiten von Energieknappheit nicht das «Primat Kapazitätsausbau» gegenüber dem «Primat Naturschutz» höher zu gewichten ist. Nicht politisch wünschbare, sondern in Bezug auf die Versorgungssicherheit effektive Projekte sollten von gestrafften Bewilligungsverfahren profitieren.

Ebenso konsequent ist auf die Abschaffung des Wasserzinses hinzuwirken. Die jährlich über eine halbe Milliarde Franken Abgeltung an die «Alpen-Opec» schuf in der Vergangenheit keinerlei Anreize für private Investoren, in die Wasserkraft zu investieren. Eine solche Regionalpolitik hat in Zeiten von Versorgungsengpässen keine Berechtigung mehr.

Letztlich kommt die Schweizer Politik um mehr Liberalisierung beim Strommarkt nicht herum, wenn sie die Energieversorgung nachhaltig sichern will. Neben der Aufhebung der Technologieverbote und der Abschaffung des Wasserzinses braucht es ein Vorantreiben bei der Privatisierung der staatlichen Energiebetriebe und die Schaffung eines Strommarktes, in welchem sich das Preisgefüge nach Angebot und Nachfrage ausrichtet und nicht nach staatlichen Ordern.

Dieser Beitrag basiert auf einem Beitrag des Autors in der «Konsumentenstimme» 4/22 von Comparis.