Die Integrationserfolge der Schweiz halten einem internationalen Vergleich stand – und übertreffen den EU-Durchschnitt bei weitem. Offenheit gegenüber Einwanderern soll auch in Zukunft Richtschnur unseres politischen Handelns sein.
Das Thema Migration spielte bei den Parlamentswahlen vom 18. Oktober eine wichtige Rolle. Auch in der kommenden Legislaturperiode wird die Einwanderung ein Kernthema bleiben. Einige Fakten untermauern ihre Bedeutung.
Ein typisches Einwanderungsland
Die Schweiz lebt dank Zuwanderung. Im Diskurs über deren Ausmass wird oft von der «Bevölkerung mit Migrationshintergrund» gesprochen. Es herrscht Einigkeit, dass diese Messzahl mehr aussagt als die klassische Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit. Unterschiede zeigen sich jedoch bei der Systematik zur Berechnung des Anteils der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Während das Bundesamt für Statistik für 2013 knapp 35% als Bevölkerung mit Migrationshintergrund meldet, zählt die OECD über 40% der Schweizer Bevölkerung dazu¹. Für einen internationalen Vergleich ist die Verwendung von OECD-Daten notwendig.
Die obenstehende Grafik zeigt, dass der Anteil der Immigranten an der Schweizer Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich hoch ist und den EU-Durchschnitt bei weitem übertrifft.
Mehr als zwei von fünf (43%) Bewohnern unseres Landes haben Migrationshintergrund. Entweder war mindestens ein Elternteil eingewandert (14%), oder die Immigranten waren im Ausland geboren und kamen als Kinder (5%) oder Erwachsene (24%) in die Schweiz.
Die Schweiz steht damit auf gleicher Stufe wie die klassischen Einwanderungsländer Australien und Kanada. Dass jeder vierte Einwohner im Erwachsenenalter zuwanderte, kommt einem nur von Luxemburg übertroffenen Spitzenwert gleich. Im EU-Mittel trifft dies nur auf jeden vierzehnten Einwohner zu.
Nicht nur der Anteil Einwohner mit Migrationshintergrund, sondern auch die berufliche Qualifikation der Zugewanderten ist überdurchschnittlich hoch (Abbildung 2). Das zeichnet die Schweiz vor Deutschland, Frankreich und besonders Italien und Spanien aus. Ein internationaler Qualifikationsvergleich ist zwar mit konzeptionellen und methodischen Schwierigkeiten konfrontiert und muss vorsichtig interpretiert werden. Dennoch sprechen die grossen nationalen Unterschiede eine klare Sprache.
Beschäftigungsgetriebene Zuwanderung
Vor diesem Hintergrund erstaunt nicht, dass auch die Beschäftigungsquote der Immigranten mit 76,1% überdurchschnittlich hoch ist. Die Schweiz wird in der OECD diesbezüglich nur vom kleinen Island (in der Grafik nicht dargestellt) übertroffen. Dass die Arbeitslosenquote der zugewanderten Erwerbsbevölkerung mit 7,4% zwar über dem nationalen Mittel liegt, den EU-Durchschnitt (15,9%) aber deutlich unterschreitet, passt in das Bild. Alle arbeitsmarktrelevanten Indikatoren zeigen, dass die Zuwanderung in die Schweiz weitgehend beschäftigungsgetrieben ist.
Neben der Beschäftigungsstatistik deuten auch einige weichere, von der OECD beobachtete Faktoren auf eine gelungene Integration hin. Immigranten fühlen sich in der Schweiz weniger diskriminiert als in vielen anderen Ländern, und die Erfolge von Immigrantenkindern in der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt weichen weniger stark als anderswo in Europa von jenen der Kinder ohne Migrationshintergrund ab.
Aus diesen Zahlen und Erkenntnissen kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen:
- Die Integrationserfolge der Schweiz lassen sich sehen. Eine offene, wirtschaftsfreundliche Einwanderungspolitik ist auch für die Zukunft von Nöten.
- Die Schweiz hat allen Grund, die Fakten selbstbewusst in die Verhandlungen mit der EU über die Personenfreizügigkeit einzubringen.
- Die Schulen spielen eine zentrale Rolle bei der Integration. Der gesellschaftliche Einbezug wenig qualifizierter Zuwanderer, deren Anstieg wegen des globalen Migrationsdrucks und der Flüchtlingswellen zu erwarten ist, erfordert pragmatische und flexible Lösungen im Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich.
- Offenheit gegenüber Zuwanderern zahlt sich aus. Qualifizierte ausländische Arbeitskräfte leisten einen Beitrag zu Innovation und Produktivität und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. In Japan, einem Land mit chronischen Strukturproblemen und jahrzehntelanger Stagnation, sind weniger als 2% der Landesbevölkerung Immigranten. Diese Abkapselung hat dem Fortschritt geschadet.
¹Die OECD zählt Personen mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil und alle im Ausland Geborenen zum Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund dazu. Das BFS wählt einen anderen methodischen Ansatz. Zum Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund dazugezählt werden gebürtige Schweizer, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, im Ausland geborene eingebürgerte Schweizer und Ausländer sowie in der Schweiz geborene eingebürgerte Schweizer und Ausländer mit mindestens einem ausländischen Elternteil.