Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) veröffentlicht regelmässig Berichte über bestimmte Aspekte der Altersvorsorge. Diese enthalten wichtige faktische Grundlagen, die der Objektivierung der politischen Debatte dienen sollen. Allerdings sind die Erscheinungsdaten – und noch mehr die behandelten Themen – das Ergebnis politischer Entscheide. Wer über die Information bestimmt, bestimmt auch den Lauf der Debatten.

Zielorientierte Informationen

Die politischen Parteien und Sozialpartner sind sich dieser Zusammenhänge bewusst. Mithilfe parlamentarischer Interventionen zwingen sie die Bundesverwaltung, sich über die für sie jeweils wichtigen Themen zu äussern. Der Zeitpunkt der Veröffentlichungen hängt aber von der politischen Agenda des Departementsvorstehers ab.

Darüber hinaus kann die Bundesverwaltung selbst Studien in Auftrag geben. Dabei gibt es Themen, die mit erheblichen ideologischen Vorurteilen behaftet sind und die sich nicht rein objektiv behandeln lassen, wie man an zwei separaten Auftragsstudien aus dem Jahr 2004 über die Folgen einer freien Wahl der Pensionskasse durch die Arbeitnehmer erkennen kann. Die erste Studie sollte für die freie Wahl eintreten, die zweite für die bestehende Lösung. Mit diesem transparenten Ansatz liessen sich die Sachverhalte auf den Tisch legen. Gleichzeitig oblag es der Politik, die Interessen abzuwägen. Ein ähnliches Verfahren kam jüngst in Zusammenhang mit der Anhebung der Legal Quote der Lebensversicherer zum Zug. Der Untersuchung von Prof. H. Schmeisser folgte eine Gegenuntersuchung von J. Keller. Die hier gewählte Abfolge könnte jedoch vermuten lassen, dass die Ergebnisse der ersten Studie die Erwartungen des Auftraggebers nicht ganz erfüllten hatten.

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Die Haltung des kritischen Zeitungslesers ist auch bei den Informationen über die Altersvorsorge hilfreich. (Bild: © Fotolia/E.Schlitthelm)

Fehlende Informationen

Einige Berichte des BSV sind sehr detailliert, andere eher lückenhaft. 2014 lag das Umlageergebnis der AHV mit 320 Mio. Fr. im Minus. Dieses erste Defizit seit 1999 lag um 300 Mio. Fr. über der Prognose des BSV. Dennoch wurde keine Pressekonferenz anberaumt. Angesichts der Bedeutung der 1. Säule für die Bevölkerung und der laufenden Reform wirft das gewählte Vorgehen Fragen auf. Ist diese finanzielle Abweichung ein Einzelfall? Und wenn nicht, welche Folgen hätte dies für die Reform «Altersvorsorge 2020»? Für eine Zusatzfinanzierung von 300 Mio. Fr. pro Jahr wäre eine MwSt.-Erhöhung von 0.1% erforderlich.

Verschwundene Informationen

Gewisse Informationen werden nie veröffentlicht, während andere einfach verschwinden. Im Februar veröffentlichte das BSV ein Faktenblatt über die Folgen der Altersvorsorge 2020 für die Frauen. Das Dokument enthielt den Hinweis, dass das Pensionsalter der Frauen im Jahr 1948 bei 65 Jahren lag.1957 und 1964 wurde es auf 63 beziehungsweise 62 Jahre gesenkt; zwei Entscheide, die von den Männern getroffen wurden, da Frauen kein Stimmrecht hatten. 2001 und 2005 wurde es dann erneut angehoben. Das Dokument unterstrich, dass die Frauen infolge der massiven Umverteilung in der AHV (Mindestrente für alle, Maximalrente für hohe Löhne, Erziehungsgutschriften) 57% der Renten bezogen, aber nur 33% der Lohnbeiträge einzahlten. Natürlich stiess ein solches Dokument bei feministischen Bewegungen auf Kritik. Die Stellungnahmen sind im Internet einsehbar. Wer sie aber mit dem Originaldokument vergleichen will, wird enttäuscht. Das Faktenblatt ist von der BSV-Webseite verschwunden. Wem nutzte das Dokument und wer profitiert von seinem Verschwinden? Welches Dossier ausserhalb des Eidgenössischen Departements des Innern könnten diese Informationen ebenfalls betreffen? Die Frage bleibt offen. Gemäss dem Sprecher des BSV soll in Kürze ein «um wichtige Aspekte ergänztes» Dokument publiziert werden. Wir warten mit Spannung auf den Vergleich der beiden Texte.

Vermeiden des Taschenlampeneffekts

Die Steuerung der Information durch die Bundesverwaltung ist nichts Neues und beschränkt sich auch nicht auf das BSV. Die Bundesverwaltung hat jedoch das Recht und die Pflicht, mit ihrer Informationspolitik eine fundierte öffentliche Debatte zu gewährleisten. Der aufmerksame Bürger muss aber dem Umfeld Rechnung tragen, in dem die Informationen veröffentlicht werden. Wie mit einer Taschenlampe können Autoren gezielt einzelne Elemente beleuchten und andere Aspekte im Dunkeln lassen. Es ist aber entscheidend, sich nicht von diesen Einzelinformationen blenden zu lassen. Denn oft liegen die eigentlichen Herausforderungen genau in den Grauzonen.

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe der «Schweizer Personalvorsorge» vom Juli 2015.