Der Einstieg in die Berufswelt ist für junge Erwachsene immer anspruchsvoll.  Wie der internationale Vergleich zeigt, sind ihre Aussichten auf eine Arbeitsstelle in Ländern mit einem dualen Bildungssystem aber erheblich höher.

Das Ausmass der Arbeitslosenquote eines Landes hat jeweils mehrere Ursachen; neben den gesetzlichen und institutionellen Faktoren spielen auch makroökonomische Einflüsse eine Rolle, insbesondere die Geld- und Fiskalpolitik. Für Erfolg oder Misserfolg der Jugendlichen beim Eintritt ins Berufsleben ist zudem ihre Ausbildung relevant. In der Schweiz können Jugendliche zwischen einer Lehre und dem Schulbesuch wählen. Dies ist nicht selbstverständlich: Sogar innerhalb der OECD kennen viele Länder gar keine institutionalisierte Berufsbildung.

Länder mit Berufsbildung schneiden besser ab

Welchen Einfluss ein Bildungssystem auf den Arbeitsmarkt hat, kann man gut mit dem Begriff der «relativen Jugendarbeitslosigkeit» untersuchen.  Die relative Jugendarbeitslosenquote in der OECD betrug im Jahr 2007  212%: Jugendliche bis 24 Jahre hatten gegenüber Durchschnittsbeschäftigten ein um 112% höheres Risiko, arbeitslos zu werden.

Zwischen den Ländern gibt es jedoch, wie die Grafik zeigt, grosse Unterschiede. Die Staaten mit einer etablierten dualen Berufsbildung sind klar im Vorteil, ihre Werte liegen – mit Ausnahme der Niederlande – unter dem OECD-Durchschnitt. Die Schweiz zählt mit 196% zu den Ländern mit der tiefsten relativen Jugendarbeitslosigkeit, zusammen mit Österreich (197%), Dänemark (192%) und Deutschland (140%). Allerdings befinden sich auch einige Länder ohne duale Bildungstradition in vorteilhaften Situationen, beispielsweise Kanada (186%) oder Irland (187%).

Besonders schlecht schneiden Italien (330%), Schweden (307%) und Norwegen (290%) ab – Länder ohne nennenswerte duale Berufsbildung. Eine weitergehende Analyse bestätigt diesen Befund. Im Querschnitt von 27 OECD-Ländern kommt dem Anteil der Berufsbildung (inklusive vollschulischer Varianten) auf Sekundarstufe II kein Erklärungsgehalt zu. Der Lehrlingsanteil erweist sich hingegen als signifikanter und robuster Erklärungsfaktor. Ein Unterschied von 10 Prozentpunkten (z.B. eine Erhöhung des Lehrlingsanteils von 40% auf 50%) geht im Mittel mit einer um 16 Prozentpunkte tieferen relativen Jugendarbeitslosigkeit einher (z.B. von 200% auf 184%).

Die Nähe zum Arbeitsmarkt ist entscheidend

Es ist also nicht die Berufsbildung an sich mit all ihren schulischen Varianten, die den Jugendlichen den Übergang in die Beschäftigung erleichtert, sondern das duale System mit seiner Nähe zum Arbeitsmarkt.

Wie wir bereits in einem früheren Artikel gezeigt haben, hat auf der Ebene der Schweizer Kantone die Verbreitung der Berufslehre keinen Einfluss auf die relative Jugendarbeitslosigkeit – im Vergleich der OECD-Staaten indes schon.

Der vermeintliche Widerspruch gibt Aufschluss über die Wirkungsweise der Berufsbildung: Die Existenz eines arbeitsmarktnahen Berufsbildungssystems wirkt sich klar positiv auf die Integration von jungen Menschen in den Arbeitsmarkt aus, nicht zuletzt darum, weil es auch weniger Begabten Chancen eröffnet. Hingegen scheint es bezüglich des Anteils des dualen Systems im Bildungssystem Spielraum zu geben.

Abnehmender Vorsprung

Leider hat sich die relative Jugendarbeitslosigkeit in der OECD während der letzten Jahre verschärft. 1997 lag der mittlere Wert noch bei 194%. Zu dieser Verschlechterung haben aber nicht nur Länder mit akademisch ausgerichtetem Bildungssystem oder schulischer Berufsbildung beigetragen, vielmehr sind es gerade auch die Länder mit dualer Berufsbildung, die deutlich Boden verloren haben. So hat die relative Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz (+39%), in Österreich (+37%) und in Dänemark (+24%) im besagten Zeitraum um gut einen Drittel zugenommen. Die Länder mit Berufslehre weisen immer noch eine geringere Jugendarbeitslosigkeit auf, haben aber den Vorsprung teilweise eingebüsst. Aus diesem Grund muss auch die Effektivität der dualen Berufsbildung und der Ausbildungsgänge laufend überprüft, kritisch hinterfragt und allenfalls angepasst werden.

Weitere Informationen zur Berufslehre in der Schweiz finden Sie in der Publikation «Die Zukunft der Lehre».