Subventionierte erneuerbare Energien schmälern die Erträge konventioneller Kraftwerke. Kapazitätsmärkte sind in erster Linie ein Instrument zur Erhaltung von Betriebs- und Investitionsanreizen für notwendige Back-up-Kraftwerke, doch sind sie keine Abgeltung für unwirtschaftliche Investitionen in der Vergangenheit.

Kapazitätsmärkte sind in erster Linie ein Instrument zur Erhaltung von Betriebs- und Investitionsanreizen bei traditionellen Kraftwerken, im Bild: Braunkohlekraftwerk (Quelle: fotolia)

Kapazitätsmärkte sind in erster Linie ein Instrument zur Erhaltung von Betriebs- und Investitionsanreizen bei traditionellen Kraftwerken; (Bild: Kraftwerk im rheinischen Braunkohlerevier, Quelle: Fotolia)

Die Einspeisung subventionierter erneuerbarer Energien in Europa und die damit zusammenhängenden Preissenkungen an der Strombörse («Merit-Order-Effekt») beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit inländischer Kraftwerke. Einige Vertreter der Strombranche interpretieren den Wertverlust auf ihren Kraftwerken als eine Art Enteignung. Betroffen sind sowohl bestehende Anlagen als auch neue Kraftwerksprojekte. Mindestens teilweise sind diese Klagen gerechtfertigt, denn viele Kraftwerksinvestitionen wurden im Glauben an knappe Kapazitäten und steigende Preise realisiert. Umgekehrt war die politische Absicht zur Förderung erneuerbarer Energien in Europa bereits seit längerem bekannt, so dass rationale Investoren die damit zusammenhängenden marktlichen Entwicklungen mindestens ansatzweise vorhersehen konnten. Bereits 2001 trat die «Directive on Electricity Production from Renewable Energy Sources» in Kraft.  Die Richtlinie setzte für jeden EU-Mitgliedstaat individuelle Ziele für die Energieproduktion aus erneuerbaren Energien. 2009 wurde sie erneuert. Stromproduzenten konnten sich – mindestens in grossen Zügen – bereits ab 2001 auf die Veränderungen einstellen.

Auch von der Klimapolitik profitiert

Aus einer schweizerischen Perspektive stellt sich auch die Frage, ob inländische Produzenten aufgrund der durch die Subventionen in den Nachbarländern ausgelösten Marktverzerrungen einen Anspruch auf irgendeine Form von Kompensation erheben könnten, da ja weder inländische Gesetze noch schweizerische Steuerzahler oder Stromkonsumenten für die Verzerrungen verantwortlich sind. Nach dieser Logik könnten nämlich auch Hersteller von Solarmodulen Entschädigungen fordern, wenn sie durch die subventionierte Konkurrenz aus dem asiatischen Raum unter Druck kommen.

Umgekehrt haben Schweizer Kern- und Wasserkraftwerke auch von der Einführung der CO2-Emissionszertifikate in der EU profitiert. Weil die Schweiz im Grosshandel das Preisniveau ihrer Nachbarn übernimmt und dort üblicherweise fossile Kraftwerke die Preise bestimmen, zahlen die Verbraucher in der Schweiz für die Instrumente der europäischen Klimapolitik. Anders wäre die  Situation, wenn die Marktverzerrung durch eine inländische Subventionierung verursacht würde. Im schweizerischen Kontext allerdings gilt, dass sich die Subventionierung der erneuerbaren Energien im Inland nur marginal auf die Marktpreisbildung auswirkt.

Kompensation nur bei zu geringer Kapazität

Aber unabhängig von diesen Überlegungen eigenen sich Kapazitätsmärkte ohnehin nicht für die Entschädigung eines durch die Energiewende induzierten Wertverlustes bei konventionellen Kraftwerken. Sie wurden ja nicht als Abgeltung für sogenannte «nicht amortisierbare Investitionen» (NAI) konzipiert, sondern sollen – mit Blick auf die Versorgungssicherheit – Anreize schaffen für die Bereitstellung ausreichender Produktionsmittel  («Missing Money Problem»). Besteht etwa ein Kapazitätsüberhang im Markt, sollte – bei adäquater Ausgestaltung des Mechanismus – auch keine Kompensation für neue oder bestehende Kraftwerkskapazitäten resultieren.

Mehr Informationen zur Schweizer Strompolitik erfahren sie aus der Publikation «Keine Energiewende im Alleingang. Wie die Schweiz mit Ökostrom und Kapazitätsmärkten umgehen soll».