Mit der Verkündigung der «ausserordentlichen Lage» am 16. März 2020 hat der Bundesrat verschiedenste Bestimmungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassen. Zur Abfederung der ökonomischen Folgen der Pandemie hat der Bund zeitgleich ein wirtschaftliches Massnahmenpaket im Umfang von über 60 Mrd. Fr. geschnürt. Dessen Ziel ist es, Arbeitslosigkeit zu vermeiden, Unternehmen in Liquiditätsengpässen mit Überbrückungskrediten zu versorgen und Selbständigerwerbende, die unter Umsatzausfällen leiden, zu unterstützen.

Unterstützungspakete der Kantone

Neben dem Bund haben aber auch die Kantone Unterstützungspakete aufgegleist. Gemäss einer Übersicht von Economiesuisse haben die Kantone bis Anfang letzten Monats A-fonds-perdu-Beiträge von rund 285 Mio. Fr. und Darlehen von über 1,5 Mrd. Fr. gesprochen. Diese Zahlen dürften mittlerweile wohl deutlich höher liegen. Die bisher von den einzelnen Kantonen implementierten Massnahmen unterscheiden sich allerdings stark: Neben A-fonds-perdu-Beiträgen und Darlehen in unterschiedlichen Grössenordnungen – an variierende Bedingungen geknüpft und an diverse Branchen adressiert – haben viele Kantone auch Fristen verlängert, etwa für Steuererklärungen. Weitere ergriffene Massnahmen sind Beratungsangebote für Unternehmen oder Steuersenkungen auf breiter Front.

Zu hoffen ist, dass sich die Lage der meisten Unternehmen aufgrund der durch den Bundesrat beschlossenen schrittweisen Aufhebung des Lockdown nun schnell verbessert und sich der Druck auf die Kantone, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen, reduziert. Trotzdem werden wohl in gewissen Regionen und Sektoren nach wie vor auch die Kantone mit der Abfederung der ökonomischen Folgen der Corona-Krise gefordert sein. Anzunehmen ist insbesondere, dass in den kantonalen Parlamenten, die zurzeit ihren Sessionsbetrieb wieder aufnehmen, neue und erweiterte Corona-Unterstützungsmassnahmen weit oben auf der politischen Wunschliste stehen.

Die Wahrscheinlichkeit, faktisch insolvente Unternehmen zu unterstützen, nimmt mit der Subsidiarität der Massnahme zu. (Mario Gogh, Unsplash)

Notwendigkeit von «Quickchecks»

Dabei entbindet das Gebot der Stunde, dass schnell und unbürokratisch geholfen werden soll, die Kantone nicht davor, nur Massnahmen umzusetzen, die sich an klar definierten Zielen orientieren. Es ist deshalb wünschenswert, dass die Kantone zumindest einen «Quickcheck» zur Beurteilung der Wirksamkeit der avisierten Massnahmen durchführen.

Ein solcher Quickcheck sollte, erstens, die Frage nach der Subsidiarität beantworten: Kantonale Massnahmen sollten nur Unternehmen (oder Personen) adressieren, die die Unterstützungsmassnahmen des Bundes bereits ausgeschöpft haben – oder für die der Bund keine Lösung gefunden hat – und die sich trotz Bundeshilfe nicht oder nur ungenügend aus eigenen Kräften helfen können.

Zweitens sollten die ergriffenen Massnahmen Unternehmen und Personen innerhalb der Anspruchsgruppen möglichst zielgenauadressieren, um Streuverluste und Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Letztere ergeben sich beispielsweise dann, wenn Arbeitgeber, die auch ohne das Instrument der Kurzarbeit auf Entlassungen von Mitarbeitern verzichten würden, Kurzarbeit beantragen. Zielgenauigkeit bedeutet aber auch, dass zwischen kurzfristigen, pandemiebedingten Hilfsprogrammen und mittel- oder längerfristiger Standortförderung unterschieden wird. Diese Ziele sollten nicht vermischt werden.

Drittens müssen Unterstützungsmassnahmen so kostengünstig wie möglich sein, denn auch in Krisenzeiten ist mit öffentlichen Geldern sparsam umzugehen. Dies gilt sowohl für die eigentlichen Massnahmen als auch für die administrativen Kosten ihrer Implementierung. Aus dieser Sicht sind etwa Darlehen den A-fonds-perdu-Beiträgen grundsätzlich vorzuziehen.

Schliesslich müssen, viertens, die Massnahmen effizient sein. Es sollen nur Unternehmen Hilfe erhalten, die aus Gründen vorübergehender Liquiditätsengpässe in Konkursgefahr sind, aber ansonsten solvent und gesund sind. Dies sind primär Unternehmen, die über genügend Vermögenswerte verfügen, diese aber in der aktuellen Situation nicht rechtzeitig verflüssigen können. Bei der Unterstützung von Unternehmen, die sich unabhängig von der momentanen Krise in einer schwierigen Lage befinden, ist hingegen höchste Zurückhaltung gefordert. Solche Firmen sind nicht einfach illiquide, sondern oftmals bilanziell überschuldet: Ihre Verpflichtungen übersteigen die Summe ihrer flüssigen und nicht-flüssigen Vermögenswerte. In normalen Zeiten können die Gläubiger eines zahlungsunfähigen Unternehmens dieses im Zuge eines Betreibungsverfahrens in den Konkurs zwingen. Dieser Mechanismus sollte auch in Krisenzeiten nicht gänzlich ausser Kraft gesetzt werden, denn nur durch eine möglichst weitgehende Trennung insolventer von «bloss» illiquider Firmen kann die Gefahr eines unerwünschten Strukturerhalts minimiert werden.

Unterstützung illiquider, aber solventer Unternehmen bedingt vertiefte Prüfung

Gerade das Kriterium der Effizienz ist für die Kantone von erhöhter Bedeutung. Denn die Gefahr ist gross, dass vor allem für Unternehmen an der Grenze zur Insolvenz die Massnahmen des Bundes nicht genügen, weshalb sie, um zu überleben, auf zusätzliche kantonale Hilfe angewiesen sind. Es ist in anderen Worten zu erwarten, dass die Wahrscheinlichkeit, faktisch insolvente Unternehmen zu unterstützen, mit der Subsidiarität der Massnahme zunimmt.

Aus Sicht der Kantone wäre es daher sinnvoll, höhere Anforderungen an die Unterstützung von Unternehmen zu stellen als der Bund, also insbesondere das «Giesskannenprinzip» zu vermeiden. Vielmehr sollten die Kantone Massnahmen wählen, die mit einer individuellen und vertieften Prüfung der antragsstellenden Unternehmen einhergehen. Ein Beispiel für eine kantonale Massnahme, die den hier diskutierten Beurteilungskriterien im Wesentlichen gerecht wird, stellt ein Härtefallfonds für eindeutig identifizierte Empfänger unter vertiefter Prüfung der Bewerbungen dar. Mittels eines solchen Härtefallfonds kann Unternehmen geholfen werden, die unter «normalen Bedingungen» ein tragfähiges Geschäftsmodell aufweisen und trotz der Ausschöpfung der bundesrätlichen Massnahmen in akuter Notlage sind. So wird sichergestellt, dass zukunftsfähigen Betrieben gezielt geholfen und möglichst kein schädlicher Strukturerhalt betrieben wird.

Dieser Text ist am 6.5.2020 als Gastbeitrag in der «Finanz und Wirtschaft» erschienen.