Reibungslos arbeitende und intakte Institutionen sind für ein funktionierendes Staatswesen unabdingbar. Dazu gehört besonders ein System von «Checks and Balances», was nichts anderes bedeutet, als dass staatliches Handeln immer auch einer unabhängigen Kontrolle unterworfen sein muss. Besonders zentral ist das Prinzip beim Einsatz von Steuergeldern, denn die Verwaltung muss sich – im Gegensatz zu einer privaten Unternehmung – relativ wenig Sorgen um den Fluss ihrer Einnahmen machen. Genau deshalb kennt die Schweiz beispielsweise seit jeher auf Gemeindeebene die Institution der Rechnungsprüfungskommissionen, welche ständig prüfen, ob die Verwendung der Steuermittel effizient und effektiv vonstatten geht.

Auch für den Bund existiert eine ähnliche Institution, die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK). Sie agiert – und dies weitestgehend unabhängig – einerseits als Revisionsstelle des Bundes und seiner Kassen (insbesondere der Sozialversicherungen), prüft also – vereinfacht gesagt –, ob die «Buchhaltung» korrekt geführt wird. Anderseits führt sie gemäss Gesetz auch Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch, untersucht also im Rahmen von Stichproben, ob öffentliche Mittel sparsam, effizient und zweckmässig eingesetzt werden. Letzteres hat sie notabene nicht nur bei der Bundesverwaltung vorzunehmen, sondern auch bei allen sonstigen Institutionen, denen der Bund öffentliche Aufgaben überträgt, sowie bei Unternehmen, an denen die Eidgenossenschaft mit mehr als 50% beteiligt ist. Damit muss sich beispielsweise auch ein prinzipiell privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen wie die Ruag von der EFK durchleuchten lassen.

Ein blinder Fleck, trotz grosser Helligkeit: Sonnenfinsternis. (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Die Ergebnisse ihrer Prüfungen legt die EFK dem Bundesrat und insbesondere den Prüforganen der eidgenössischen Räte vor. Wie wichtig ihre Berichte dabei sind, zeigt sich exemplarisch am gescheiterten Informatikprojekt Insieme, dass ohne Beanstandungen der Finanzaufsicht wohl noch mehr als die bereits ausgegebenen 116 Millionen Franken gekostet hätte. Trotz solchen aufsehenerregenden Fälle darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass eine Institution wie die EFK sämtliche Probleme aufdecken kann. So blieben die übermässigen Subventionsbezüge durch die Postauto AG trotz Prüfkompetenz der Finanzkontrolle über Jahre unentdeckt.

Trotzdem ist die institutionalisierte Finanzaufsicht ein zentraler Pfeiler innerhalb des Systems von «Checks and Balances» auf Bundesebene. Da erstaunt es umso mehr, dass drei der wichtigsten Institutionen des Landes von der Aufsicht durch die EFK ausgenommen sind: die Nationalbank, die Suva und die SRG. Begründet wird das in der Regel mit der Unabhängigkeit dieser Einrichtungen. Dies überzeugt bei näherer Betrachtung aber wenig, gerade auch, wenn man bedenkt, dass andere unabhängige Institutionen wie die Finma oder das Bundesgericht dem Finanzkontrollgesetz unterstellt sind.

Selbstredend soll die SNB im Bereich der Geldpolitik unabhängig handeln können, doch würde eine Prüfung durch die EFK – man denke zum Beispiel an Informatikprojekte oder das Immobilienmanagement – ebendiese nicht tangieren. Auch wenn die Nationalbank nicht direkt Steuergelder bezieht, so arbeitet sie indirekt mit öffentlichen Mitteln. Fällt ihr Gewinn wegen zu hoher Ausgaben tiefer aus, fehlt dieses Geld irgendwann in den Kassen von Bund und Kantonen und damit vom Steuerzahler. Die Suva wiederum hat vor etwas über zehn Jahren mit Immobilienspekulationen relativ viel Geld verloren und wäre mit ihrem relativ grossen Verwaltungsapparat eigentlich ein dringender Kandidat für eine regelmässige Prüfung. Trotzdem greift die Finanzkontrolle für die Suva nicht, obwohl der Bund allfällige Risiken (bei einer Bilanzsumme von über 46 Mrd. Fr.) aufgrund schlechten Managements direkt zu tragen hätte.

Schliesslich ist die fehlende Prüfmöglichkeit beim Schweizer Radio und Fernsehen besonders stossend. Spätestens mit dem revidierten Radio- und Fernsehgesetz haben die Rundfunkgebühren nämlich Steuercharakter erhalten, was aus staatspolitischer Sicht die Rechenschaftspflicht noch verschärft. Die Unterstellung unter das Finanzkontrollgesetz wurde zwar damals diskutiert, doch aus Angst vor Beeinflussung der Programmautonomie verworfen, wobei die SRG beispielsweise durch das Bundesamt für Kommunikation beaufsichtigt wird, ohne dass sich daran jemand stört. Wie unabhängig Institutionen wie die SRG oder die Nationalbank agieren können, ist faktisch vor allem eine Frage der politischen Kultur. Unabhängigkeit darf aber nicht als Freipass missbraucht werden, um sich der Rechenschaftspflicht gegenüber dem Steuerzahler zu entziehen. Ausnahmen von der Finanzkontrolle sind für unser modernes Staatswesen nicht mehr tragbar.