In einem Gastbeitrag in der NZZ hat Avenir Suisse für die Einführung einer Mehrwertabgabe bei Neueinzonungen plädiert. In einer Replik hat sich der Hauseigentümerverband dagegen ausgesprochen und argumentiert, eine solche Abgabe würde die Baulandpreise erhöhen. Dieser Einwand hält jedoch einer genauen Prüfung nicht stand, wie die folgenden Überlegungen zeigen:

Auf der Nachfrageseite würde eine Mehrwertabgabe zu keinen Veränderungen führen, denn die Nachfrage nach Bauland resultiert vor allem aus dem durch die Bauherrschaft erzielbaren Gewinn – also der Differenz zwischen den zu erwartenden Mieteinnahmen (bzw. dem Eigennutzwert) auf der einen Seite und den Entwicklungs- und Baukosten des besten Projekts, das auf einem Grundstück realisiert werden kann, auf der anderen Seite («Residualwerttheorie»). Weder die erzielbaren Mieten noch die Baukosten werden von einer Mehrwertabgabe beeinflusst. Somit hat die Mehrwertabschöpfung keinen Einfluss auf die Nachfrage für Bauland.

Auch auf der Angebotsseite, im Markt für Baulandparzellen, würde eine Mehrwertabgabe nicht preistreibend wirken. Da es ohnehin nur um eine Teilabschöpfung von etwa 30% des Mehrwerts ginge, würde den Landbesitzern wohl genügend finanzieller Anreiz zum Verkauf ihres Baulands nach dessen Einzonung bleiben. Das Angebot für Bauland würde sich also kaum verändern und die Eigentümer könnten in der Folge auch keine höheren Preise am Markt erzielen. Denn schliesslich würde sich die Zahlungsbereitschaft der Käufer durch die Mehrwertabgabe nicht erhöhen. Erst bei einer weitgehenden oder vollständigen Mehrwertabschöpfung wäre mit einer merklichen Reduktion des Angebots zu rechnen.

Neben diesen grundsätzlichen Überlegungen zur Preisbildung gibt es noch einen weiteren Grund, warum die Mehrwertabschöpfung kaum eine Auswirkung auf die Baulandpreise hätte: Das neu eingezonte Bauland – und nur bei diesem würde eine Mehrwertabgabe erhoben – stellt einen extrem kleinen Teil des gesamten Angebots dar. In der Schweiz gibt es derzeit ca. 30 000 bis 40 000 ha brachliegendes Bauland, wohingegen jährlich nur ca. 600 ha neu eingezont werden. Dies entspricht weniger als 2 % des bereits vorhandenen Baulandangebots. Alleine schon deshalb würde sich die Einführung einer Mehrwertabschöpfung für Neueinzonungen auf den Gesamtmarkt kaum auswirken.

Wenn nun jedoch der Ertrag der Mehrwertabgabe für die Rückzonung überdimensionierter Bauzonen eingesetzt würde, könnte dies das Angebot an Bauland reduzieren und somit indirekt zu Preissteigerungen führen. Allerdings würden derartige Rückzonungen vor allem in peripheren Lagen mit überdimensionierten Bauzonen erfolgen. Da dies Gebiete mit reichlichem Angebot und geringer Nachfrage sind, wäre hier der zu erwartende preistreibende Effekt gering. Die zentralen Lagen mit hoher Nachfrage und knappem Angebot wären davon nicht betroffen. Also käme auch dieser Mechanismus für Preissteigerungen nicht zum Tragen.

Insgesamt wären also keine oder nur geringe Auswirkungen der Mehrwertabgabe auf die Bodenpreise zu erwarten. Die Befürchtung, eine Teilabschöpfung von Planungsmehrwert bei Neueinzonungen würde die Immobilienpreise in der Schweiz flächendeckend in die Höhe treiben, ist daher ökonomisch unbegründet.