Zu den Besonderheiten des Schweizer Föderalismus zählt neben dem hohen Grad an Autonomie der Gebietskörperschaften (Kantone und Gemeinden) und dem intensiven Wettbewerb (etwa in Steuerfragen) vor allem die extreme Kleinteiligkeit der räumlichen Gliederung. Die Hälfte der Schweizer Gemeinden zählt weniger als 1200 Personen und fünf Kantone haben weniger als 40‘000 Einwohner. Seit Gründung des Bundesstaats vor 160 Jahren gab es keine einzige Kantonsfusion und die Zahl der Gemeinden hat nur um einen Fünftel abgenommen. Die politische Karte der Schweiz entspricht also noch weitgehend jener aus dem 19. Jahrhundert.

Auch im internationalen Vergleich ist der Schweizer Föderalismus sehr kleinteilig organisiert – Österreich mit vergleichbarer Einwohnerzahl und doppelter Landesfläche hat nur 9 Bundesländer statt 26 Kantone. Gegenüber Deutschland kann man sogar fast von einer «Ebenenverschiebung» im Staatsaufbau sprechen: Die gesamte Schweiz ist kleiner als einige deutsche Bundesländer (z.B. Bayern oder Baden-Württemberg) und mehrere Kantone sind so gross wie deutsche Landkreise. Das bringt durchaus Ineffizienzen mit sich, etwa beim Verwaltungsaufwand oder in der Raumplanung, und die aktuelle Welle von Gemeindefusionen zeigt, dass einige dieser Strukturen angepasst werden müssen.

Aber darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die föderale Kleinteiligkeit auch eine wichtige Voraussetzung für zentrale Aspekte des «Sonderfalls Schweiz» darstellt – besonders für das Milizsystem und für die direkte Demokratie. Das ehrenamtliche Engagement der Bürger in der lokalen Politik und die Teilnahme an direktdemokratischen Prozessen setzen übersichtliche Verhältnisse und eine starke Identifikation mit der eigenen Gemeinde oder dem Heimatkanton voraus. Auch die Intensität des föderalen Wettbewerbs ergibt sich aus der grossen Zahl von Gemeinden und Kantonen auf engstem Raum. Somit zeitigen «Kirchturmpolitik» und «Kantönligeist» auch positive externe Effekte.

Mit dem Adventskalender 2011 zeigte Avenir Suisse die Dynamik des föderalen Wettbewerbs anhand erfolgreicher Reformbeispiele aus dem ganzen Land.

In Kürze wird Avenir Suisse zudem eine Studie über die Gemeindeautonomie publizieren.