Es ist heiss in der Schweiz – der Sprung ins kühlende Nass ist an vielen Orten eine liebgewonnene Selbstverständlichkeit. Doch auch im Wasserschloss Schweiz wird die Ressource zusehends knapper. Nutzungsbeschränkungen – Rasen nicht spritzen, Pools nicht befüllen, Autos nicht waschen – gehören inzwischen wie die Hitze zum Sommer. Dabei zeigen Daten des Trinkwasserverbrauchs in den letzten dreissig Jahren einen beinahe konstanten Rückgang der Nutzung durch Gewerbe, Industrie und Haushalte. Insgesamt betrug das Minus 21%, dies trotz Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum.

«Bringt der Juli heisse Glut, so gerät der September gut.» (Bauernregel)

Was als Bauernregel formuliert wurde, gilt heute nur noch beschränkt. Kostenlos und entsprechend grosszügig bedient sich die Landwirtschaft aus nahegelegenen Flüssen und Bächen, um der Trockenheit zu begegnen – allein für den Kanton Aargau gehen die Schätzungen in die Hunderte von Millionen Litern Wasser pro Jahr. Die so entnommene Menge zur Bewässerung der Kulturen und Versorgung des Viehs soll sich gemäss einer Recherche von SRF innert zehn Jahren verdreifacht haben. In Notsituationen – gemeint ist wohl eine anhaltende Trockenheit – gibt es zwischen der Verwendung des Wassers zum Trinken, zum Löschen oder zur landwirtschaftlichen Bewässerung keine Prioritäten (Art. 32 Bst. d GSchG). Die Agrarwirtschaft geniesst im Gesetz denselben Stellenwert wie die Trinkwasserversorgung oder das Löschen von Bränden.

Die Landwirtschaft wird in Zukunft mit weniger Wasser auskommen müssen. (stock.adobe.com)

Dennoch: Die Landwirtschaft kommt aufgrund der sich abzeichnenden Auswirkungen des Klimawandels nicht um Anpassungen herum. Die Produktion von Obst und Gemüse, aber auch die Viehhaltung müssen in Zukunft mit weniger Wasser auskommen. Dies hat längst auch der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) erkannt. Sein Amt hat kürzlich über verschiedene Medien den argumentativen Teppich ausgelegt, um den Sektor bei dieser Transformation zu unterstützen. Heute sind es bereits 85 Mio. Fr., die entsprechend zweckbestimmt jährlich ausgegeben werden, in Zukunft sollen es gemäss einem noch unveröffentlichten Bericht des BLW bis zu 184 Mio. Fr. sein. Es wird erwartet, dass die Kantone den Bundesbeitrag verdoppeln. Hinzu kommen zinslose Kredite, deren Volumen auf über 426 Mio. Fr. erhöht werden soll.

«Wenn’s um Geld geht, gibt’s nur ein Schlagwort: Mehr!» (André Kostolany)

Wer bezahlt? Wie eigentlich immer, wenn es um die Landwirtschaft geht, sollen die Steuerzahlenden subito noch etwas tiefer in den Hosensack greifen, um den notleidenden Bauernfamilien zu helfen. Ein Bild, das insbesondere der Schweizer Bauernverband gerne evoziert: Die notleidende Bauernfamilie, vorzustellen vorzugsweise abends in der dunklen Stube, vor einem kargen Mahl nach einem Tag voll harter Arbeit. Wer wollte da nicht helfen? Um der Bauernfamilie finanziell die Adaption an den Klimawandel zu ermöglichen, kann ein Städter schon einmal im Monat auf seinen veganen Double-Shot-Caramel-Espresso macchiato verzichten! Es ist schliesslich schon schlimm genug, dass heutzutage zum Kaffee statt Schweizer Kuhmilch vermehrt Hafer- oder Sojamilch konsumiert wird.

Das Problem ist, dass die Steuerzahlenden vor lauter Kaffeetassen für die Landwirtschaft bald nicht mehr die Tische sehen. Im Jahr 2021 machten Subventionen und weitere Transfers beinahe die Hälfte der Bruttoeinnahmen eines Agrarbetriebs in der Schweiz aus – dies bei einem OECD-Durchschnitt von 16%. Nicht nur die Steuerzahlenden sind betroffen, sondern auch Geringstverdiener ohne steuerbares Einkommen: Die hohen Lebensmittelpreise in der Schweiz sind eine direkte Folge jahrzehntelang praktizierter Agrarpolitik der Abschottung, um die einheimische Produktion – pardon, die Bauernfamilien – zu schützen.

«Nichts ist so beständig wie der Wandel» (Heraklit)

Transformation, Adaption – die Begriffe bezeichnen eine Phase des Übergangs von einem Zustand in einen neuen, d.h. der Prozess ist auch einmal abgeschlossen. Im vorliegenden Beispiel dürfte der strukturelle Wandel zu einer klimaresilienteren landwirtschaftlichen Produktion in der Schweiz auch einmal abgeschlossen sein. Die Unterstützung könnte dannzumal auslaufen. Dass Bundesbern dies anders sieht, zeigt sich am folgenden Beispiel: Die Agrarpolitik 2014–2017 brachte grössere Änderungen für die Landwirtschaft: Um den Wechsel sozialverträglich auszugestalten, sprach die Politik sogenannte Übergangsbeiträge. Die Höfe sollten damit zusätzlich unterstützt werden, um die Anpassungen finanzieren zu können. Noch 2021 wurden knapp 63 Millionen Franken ausgerichtet – dies beinahe zehn Jahre nach den ersten Weichenstellungen – und die Beiträge laufen weiter. Der Wandel ist der einzig konstante Zustand, irgendetwas findet sich ja immer als Begründung für die Subventionen.

Mehr liquide Mittel gegen die Trockenheit ist einmal mehr ein falscher Ansatz. Das BLW täte gut daran, nur schon die bestehenden Subventionen auf deren Klimaverträglichkeit abzuklopfen. Die Agrarpolitik ist zu einem tropischen Dschungel herangewuchert, in dem sich nur noch Verwaltungsexperten und Lobbyisten zurechtfinden. Dass ein solches System zuhauf Zielkonflikte und Effizienzverluste produziert sowie falsche Anreize setzt, ist stark anzunehmen. Politik und Verwaltung machen es sich zu einfach, für die Landwirtschaft einfach mehr Mittel zu fordern. Es braucht harte Arbeit an den Pulten unter der Bundeshauskuppel und mit den Bauernfamilien an ihren Küchentischen, um die Landwirtschaft resilienter aufzustellen. In der Agrarpolitik hat mehr vom Gleichen weder in der Vergangenheit zu den gewünschten Ergebnissen geführt – siehe das Verfehlen der Umweltziele –, noch ist es ein Rezept für die Zukunft. Die Agrarpolitik der Schweiz muss sich grundlegend reformieren, um den vielfältigen Herausforderungen zu begegnen.