Die Medienbranche steht wirtschaftlich unter Druck. Die durch die Medienförderung einhergehenden Marktverzerrungen führen auch auf dem politischen Parkett zu mehr Diskussionsstoff und Vorstössen. Die Entscheidung des Parlaments zur Einführung einer allgemeinen Abgabe für Private und Unternehmen als Kernelement der Teilrevision des Radio- und TV-Gesetzes (RTVG) im Herbst 2014 hat die Debatte zusätzlich angeheizt. Die Abgabe soll ab 2018 das bisherige System der durch die Billag erhobenen Empfangsgebühr ablösen und mit gewissen Ausnahmen («Opting-Out» bis 5 Jahre nach Einführung) von jedem Haushalt und Unternehmen (mit Jahresumsatz über 500‘000 Fr.) bezahlt werden. Durch die Vergrösserung der Zahlungsbasis soll der Beitrag für den Radio- und Fernsehempfang sinken. Die ursprüngliche Gebühr von 462 Fr. pro Haushalt (oder mindestens 612 Fr. pro Unternehmen) wird laut dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) durch eine einheitliche Abgabe von ca. 400 Fr. ersetzt.
Mit der Teilrevision sollen zudem lokale Radio- und TV-Stationen mehr finanzielle Mittel aus dem Gebührentopf erhalten. Neu würden sie bis 6% statt den bisherigen 4% der Gebühreneinnahmen bekommen. Der Schweizerische Gewerbeverband hat gegen die Teilrevision des RTVG bzw. gegen die Einführung einer allgemeinen Abgabe erfolgreich das Referendum ergriffen. Das Volk wird also bereits im Juni 2015 über die Teilrevision abstimmen.
Diverse politische Vorstösse
Dabei handelt es sich nicht um den einzigen politischen Grabenkampf:
- Gegenwärtig befinden sich zwei eidgenössische Volksinitiativen im Sammelstadium, die beide eine ersatzlose Abschaffung der Empfangsgebühren fordern und somit die vollständige Privatisierung von Radio- und Fernsehstationen anstreben. Die Initiative «Radio und Fernsehen – ohne Billag» fordert zudem explizit die Auflösung der SRG. Das Zustandekommen scheint zumindest bei der Initiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» realistisch, da bereits fast 50% der Unterschriften gesammelt wurden und den Initianten noch bis Ende 2015 Zeit bleibt.
- Neben diesen Volksinitiativen wird auch im Parlament weiter intensiv über das bestehende Fördermodell diskutiert. So sind einige parlamentarische Vorstösse hängig, die beispielsweise eine genauere Definition der Service public-Leistungen der SRG beantragen (13.3581), einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für die digitale Presse fordern (13.4044) oder eine Schuldenbremse für die SRG verlangen (13.3301).
- Der Bundesrat hat in Erfüllung der Motion «Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien» (12.3004) einen Bericht zur aktuellen Situation der Medien und den Fördermöglichkeiten verfasst. Darin anerkennt der Bundesrat zwar den Strukturwandel der Medienbranche und geht auf gewisse parlamentarische Forderungen ein, bleibt in seinem Massnahmenkatalog aber zurückhaltend. Die Vorschläge decken sich weitgehend mit den Empfehlungen der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK). Kurzfristig soll beispielsweise eine Angleichung der Mehrwertsteuersätze zwischen Print- und Onlineprodukten stattfinden. Weiter empfiehlt der Bundesrat, anders als von der EMEK gefordert, die indirekte Presseförderung beizubehalten. Eine gattungsunabhängige Förderung wird mit der Begründung einer notwendigen Verfassungsänderung bis auf weiteres nicht in Betracht gezogen. Ähnliches gilt für die direkte Förderung von Online-Medien.
Verhinderung des Strukturwandels
Über Sinn und Unsinn der geplanten Teilrevision des RTVG, laufender parlamentarischer Vorstösse oder Volksinitiativen darf und soll gestritten werden. Fakt ist, dass das gegenwärtige Medienförderungssystem im Zuge der Medienkonvergenz den heutigen Herausforderungen der Medienwelt nicht mehr gerecht wird. Viel eher führt es zu mehr Ineffizienz, behindert den Strukturwandel und beeinträchtigt die Angebotsvielfalt. Daran wird auch die anstehende Teilrevision des RTVG nichts ändern. Obwohl darin bereits erste Anzeichen zur Integration von digitalen Medien zu erkennen sind, ist das Gesetz zum grössten Teil weiterhin stark technologiespezifisch formuliert. Das Denken in getrennten Mediengattungen zeigt sich unter anderem im Bericht des Bundesrates und verhindert fundamentale Veränderungen der Schweizer Medienbranche in absehbarer Frist.
Es darf davon ausgegangen werden, dass es auch in Zukunft einen gesellschaftlichen und politischen Konsens für die Medienförderung geben wird. Wie diese sinnvoll in eine konvergente Medienwelt überführt werden kann, hat Avenir Suisse in der Publikation «Medienförderung im digitalen Zeitalter» gezeigt. Kurzfristig sind Massnahmen nötig, um die zunehmende Verdrängung von privaten Anbietern durch die Gebührenfinanzierung der SRG zu reduzieren. Das kann etwa durch die Einführung eines sogenannten «Public Value Test» oder eines «Ertrags-Cap» auf Gebühren und Werbeerträge geschehen. Darüber hinaus muss jedoch ein grundlegendes Umdenken stattfinden, damit in Zukunft die Förderung von Inhalten statt Technologien im Vordergrund steht. Vergünstigte Posttarife, reduzierte Mehrwertsteuersätze und Direktzahlungen an Radio- und Fernsehveranstalter sind abzuschaffen und durch eine plattformneutrale Förderung zu ersetzen – in Form eines «Private oder Public Content Provider».
Weitergehende Informationen finden Sie im Diskussionspapier «Medienförderung im digitalen Zeitalter».