Pro Kopf hat die Schweiz im Jahr 2018 4,33 Tonnen CO2 emittiert, das ist doppelt so viel pro Kopf wie Indien und ein Viertel so viel wie die USA. Bis 2050 soll die CO2-Bilanz auf netto null reduziert werden, so das proklamierte Ziel des Bundesrates.
Der Strassenverkehr trägt gegenwärtig rund 30 Prozent zum CO2-Ausstoss bei: Der hohe Mobilitätsgrad der Bevölkerung, der durchaus auch die dynamische Entwicklung unseres Landes verdeutlicht, führt also dazu, dass wir Schweizerinnen und Schweizer rund eine Tonne Kohlendioxid pro Kopf und Jahr auf der Strasse produzieren. Die heutigen Umweltvorgaben sehen einen maximalen CO2-Austoss von 95 Gramm pro Fahrzeugkilometer vor. Ein Auto, dass diese Vorgaben erfüllt, kommt so pro Jahr knapp 13 000 Kilometer weit, der zur Zielscheibe von Umweltinitiativen auserkorene SUV weniger als die Hälfte.
Alles hängt vom Strommix ab
Ein Elektroauto hingegen kann unter den heute gültigen gesetzlichen Regeln emissionsfrei unbeschränkt weit fahren, da dessen CO2-Ausstoss mit null Gramm CO2 pro Kilometer angerechnet wird. Daran zeigt sich exemplarisch die ganze Widersprüchlichkeit der unter dem Umweltprimat stehenden Verkehrspolitik: Elektromobile sind bei weitem nicht CO2-neutral, auch wenn der Strommix in der Schweiz im internationalen Vergleich klimafreundlich ist. Über die Laufleistung von 200 000 km gerechnet, belastet ein Elektrofahrzeug die Umwelt nur um rund einen Viertel weniger mit Kohlendioxid als ein Verbrenner. Das ist zwar nicht schlecht – aber netto null?
Weltweit steht etwa eine Milliarde Verbrennerfahrzeuge im Verkehr. Im Moment liegt der Anteil verkaufter Elektro- und Hybridautos in der Schweiz bei knapp 10 Prozent. Um bis 2050 den gesamten Fahrzeugbestand durch Elektromobile ersetzt zu haben, müsste ab sofort jedes zweite neu immatrikulierte Auto mit Strom betrieben sein, ab 2040 sogar jedes einzelne. Und selbst in diesem hypothetischen Fall läge der CO2-Footprint des Verkehrs noch längst nicht bei netto null.
Nicht zu Ende gedacht scheint bis heute die Aufladung der Elektrofahrzeuge. Das Beispiel Deutschland zeigt, dass die Kosten auch mit künstlich tief gehaltenen Strompreisen relativ hoch sind. Dazu kommt der hohe Investitionsbedarf zur Bereitstellung einer ausreichenden Stromleistung im Falle eines flächendeckenden Ladestellennetzes. Würde der Privatverkehr gänzlich auf Elektrofahrzeuge umstellen, wäre dafür bis zu einem Viertel des heutigen Stromverbrauchs notwendig.
Realistische Ziele setzen
Es ist offensichtlich: Wenn sich die Politik auf eine einzige Technologie versteift und regulatorisch das Verbot einzelner Fahrzeugantriebstechnologien anordnet, wird die Schweiz das bundesrätlich deklarierte Ziel der Klimaneutralität im Verkehr nicht erreichen.
Trotzdem ist es machbar, bis 2050 wenigstens in die Nähe von netto null zu kommen, wie die Forscher der Empa in dieser Publikation vorrechnen. Voraussetzung dafür ist die «Elektrifizierung» aller Antriebsenergien, kombiniert mit verschiedenen Fahrzeugtypen: Fossiles Benzin und Diesel werden abgelöst durch nachhaltig produzierte synthetische Treibstoffe, für gewisse Anwendungen drängen sich Wasserstofftechnologien auf, für andere wiederum der Elektroantrieb. Gerade Wasserstoff ist vielseitig nutzbar, etwa zum Antrieb von Lastwagen oder als Speichermedium: Überschüssiger Solarstrom im Sommer erlaubt, Wasser in seine Elemente aufzuspalten und damit Energie zu speichern.
Damit die Industrie diese Treibstoffe und Antriebstechnologien anbietet, braucht es eine entsprechende, technologieoffene Regulierung statt politisch motivierter Sträusse an neuen Vorschriften und Subventionen. Richtet man neue Subventionsquellen ein, werden dadurch Abhängigkeiten geschaffen. Gewöhnungseffekte führen zur Anspruchshaltung, ein fortan andauerndes Anrecht auf die Ausschüttung öffentlicher Gelder zu haben. Nur schon aus diesem Grund ist auf eine Subventionierung spezifischer Technologien zu verzichten.
Absage an Technologieverbote
Eine technologieoffene Regulierung bedeutet gleichzeitig eine Absage an Technologieverbote. Selbst profilierte, Umweltorganisation nahestehende Mobilitätsexperten halten eine ausschliessliche Konzentration auf E-Mobilität für falsch. Die undifferenzierte Forderung «null Benzin, null Diesel» sei unsinnig.
Das zeigt sich jetzt auch in China, dem grössten Automarkt der Welt, wo die noch bis vor kurzem geförderte Elektromobilität wieder stark rückläufig ist. Die Regierung spricht auf einmal von Methanol- und Wasserstofffahrzeugen.
So lautet das Fazit, dass die Schweiz auch bei einem maximalen Ausbau (und teurer Subventionierung) von hiesigen Wasser-, Wind- und Solarkapazitäten infolge des angeordneten Verzichts auf Kernenergie noch geraume Zeit auf fossile Energieträger wie Kohle, Gas und Öl angewiesen sein wird. Eine Technologieoffenheit trägt damit mehr zur Verbesserung der Ökobilanz bei.
Notwendig ist eine ganzheitliche Sicht – und genau das macht die Thematik so kompliziert. Vermeintlich einfache Lösungen, wie sie von der Öko-Bewegung gefordert werden, führen entweder nicht zum Ziel oder verschlimmern gar die Problematik. Kommt hinzu, dass sich die Reduktion des CO2-Ausstosses nicht allein auf die Mobilität beschränken kann – auch die Bauwirtschaft oder die Landwirtschaft sind mitursächlich. Doch auch hier gilt es, Technologieneutralität vor neue Verbote und kostenintensive Abgaben zu stellen.
Weiterführende Informationen: Nachhaltige Antriebskonzepte