Der G-7-Gipfel von Biarritz ist Geschichte. In Zeiten des neuen Wirtschaftsnationalismus wenig überraschend ist das Resultat: Die Entscheidungsträger der G-7, die sich als politisch Verantwortliche der führenden Wirtschaftsnationen der Welt präsentiert haben, konnten sich nicht zu einem gemeinsamen Entscheid durchringen, der die wirtschaftliche Entwicklung gesamthaft stärkt. Der multilaterale Weg stockt weiterhin, und beim Handelskonflikt zwischen den USA und China wird munter an der Eskalationsspirale gedreht.

Die wachsenden Unsicherheiten und Verwerfungen zeigen Auswirkungen. Die Weltwirtschaft schwächelt, im schlimmsten Fall eines weltweiten Handelskriegs könnte sich ein Abflauen der globalen Wirtschaftsleistung von über 5% ergeben. Diese exogenen Faktoren zeigen auch Folgen hierzulande. Mit einer Aussenhandelsquote von 110% stark international verflochten, bremst die Abschwächung der Weltkonjunktur den Schweizer Aussenhandel, dazu steigt der Aufwertungsdruck auf den Franken. Aufgrund des geschwächten multilateralen Ansatzes und angesichts der internationalen Verflechtung müsste die aussenwirtschaftliche Devise der Stunde eigentlich Sicherung bestehender bzw. Erweiterung und Schaffung neuer Marktzugänge heissen.

Schweizer Unternehmen sind gute Kunden in Frachthäfen. (Cuttersnap, unsplash)

Doch bei der zukünftigen Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen zur wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz, der EU, herrscht politischer Entscheidungsstillstand, obwohl kein anderes europäisches Land (EU-Mitglieder inklusive) auch nur ansatzweise die gleich hohen ökonomischen Vorteile wie die Schweiz durch die Teilnahme am EU-Binnenmarkt erzielt. Und für die Erweiterung von Marktzugängen bieten neue Freihandelsabkommen (FHA) am besten Gewähr. Der potenzielle Wohlstandszuwachs wäre erheblich. Allein mit den USA, unserem zweitwichtigsten Handelspartner, wurden bis dato keine formellen Verhandlungen aufgenommen, obwohl bereits heute 13% des gesamten Handelsvolumens der Schweiz davon betroffen sind. Bei einem FHA Schweiz – USA wäre ein Anstieg des Warenhandels in zweistelliger Milliardenhöhe zu erwarten und mit 41‘000 zusätzlichen Stellen beidseits des Atlantiks zu rechnen. Schweizer Exporte könnten um 2,1% jährlich gesteigert werden. Ausserdem würde die Rechtssicherheit gestärkt, ein nicht zu unterschätzender Parameter angesichts des angeschlagenen multilateralen Handelssystems.

Das Gleiche gilt für ein Abkommen zwischen der Schweiz mit den Mercosur-Staaten. Obwohl der definitive Vertragstext noch gar nicht vorliegt (ebenso wenig wie das Kapitel über Nachhaltigkeit), haben die Grünen bereits ein Referendum angedroht. Der Allianz der Fundamentalkritik schloss sich der Schweizer Bauernverband an, den neuerdings das Umweltgewissen plagt, obwohl der Agrarsektor Umweltkosten von jährlich 7,9 Mrd. Franken verursacht. Ungesagt bleibt, dass die Ablehnung von Freihandel auch darum erfolgt, weil man Mitbewerber fürchtet und auf einen isolationistischen Kurs setzt, selbst wenn dies zulasten der restlichen 99,4% der Schweizer Wertschöpfung geht.

Dieser Beitrag ist am 29. August 2019 in der «Handelszeitung» erschienen.