Fast täglich wird auf die steigenden Ausgaben der Altersvorsorge und des Gesundheitswesens infolge der Pensionierung der Babyboomer hingewiesen. Die offiziellen Projektionen sind tatsächlich nicht rosig. Die Ausgaben der öffentlichen Hand für die soziale Sicherheit werden von 17% des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Jahr 2013 auf 21% im Jahr 2045 klettern.

Konkret beteiligt sich der Bund zu 19.55% an den AHV-Ausgaben. Ergänzungsleistungen werden ganz mit Steuermitteln des Bundes und der Kantone finanziert. Im Spitalbereich trägt der Staat mindestens 55% der Ausgaben, den Rest bezahlen die Krankenkassen. Die Alterung der Gesellschaft stellt für die öffentliche Hand somit eine substanzielle finanzielle Herausforderung dar. Doch wie sieht es mit den Einnahmen aus? Wie verändern sich zum Beispiel die Einkommens- und Vermögenssteuern in einer alternden Gesellschaft? Die Frage ist einfach, die Antwort komplex.

Wendepunkt Pensionierung

Überspitzt formuliert, steigt in der Aktivzeit das Einkommen mit dem Alter. Wenn sich die geburtenstarke Generation der Babyboomer entlang der Alterspyramide hochschraubt, bedeutet das tendenziell mehr Personen mit höheren Einkommen und somit mehr Einkommensteuern für die öffentliche Hand. Ein Wendepunkt wird jedoch bei der Pensionierung erreicht. In der Regel ist die Rente tiefer als der letzte Lohn. Die Einkommenssteuern könnten sich somit mit der Pensionierung der Babyboomer reduzieren.

Das Einkommen in der Aktivzeit wird jedoch nicht ganz für den Konsum und staatliche Ausgaben benötigt – wiederum vereinfacht ausgedrückt: Im Durchschnitt kann der Bürger sparen. Steigt das Einkommen schneller als die Ausgaben, nimmt das Sparen mit dem Alter sogar zu. Verstärkt durch den Zinseszinseffekt ist somit im Durchschnitt das Vermögen älterer Personen grösser als dasjenige jüngerer. Eine alternde Gesellschaft führte somit, ceteris paribus, zu mehr Vermögenssteuern. Allerdings ist die Bedeutung der Vermögenssteuer schweizweit ca. zehn Mal kleiner als diejenige der Einkommensteuer.

Diese theoretischen Elemente sind in der Praxis schwer zu beobachten, weil die Entwicklung des Steuersubstrats durch weitere Effekte überlagert wird. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum von ca. 2,4% in den letzten 20 Jahren führte zu einer allgemeinen Lohnerhöhung, wovon alle Altersgruppen profitiert haben. Die Einwanderung brachte zudem Tausende neuer Steuerzahler, die ihren Beitrag zu den öffentlichen Finanzen leisteten.

In einer Studie im Auftrag des Kantons Schaffhausen wurde versucht, den Effekt der Alterung auf die künftige Entwicklung der kommunalen und kantonalen Steuern zu ermitteln. Die Studienautoren haben aufgrund offizieller Szenarien das Bevölkerungswachstum (inkl. Immigration) bis 2040 und die damit verbundene Entwicklung der Steuereinnahmen ermittelt. Dabei haben sie angenommen, dass die durchschnittlichen Steuern pro Einwohner einer Alterskategorie in den nächsten 25 Jahren konstant bleiben. Um den Demografieeffekt zu isolieren, wurde einerseits die Alterung der Gesellschaft mitberücksichtigt, andererseits so getan, als würde die Bevölkerung zwar zahlenmässig gleich wachsen, ihre Altersstruktur jedoch konstant bleiben. Die Differenz der Steuereinnahmen zwischen beiden Varianten ist, vereinfacht gesagt, dem Demografieeffekt zuzuschreiben (vgl. Abbildung).

Dabei fällt auf, dass die Einkommenssteuern im Kanton Schaffhausen bis zum Ende der Pensionierung der Babyboomer ca. im Jahr 2025 steigen. Danach sinken sie rasch. Dieser Effekt wird jedoch mit der Zunahme der Vermögenssteuern in den ersten 10 Jahren überkompensiert, danach sinken die Gesamteinnahmen. Gemäss Modell bleibt der Alterungseffekt bis 2040 für die Finanzen des Kantons Schaffhausens und dessen Gemeinden insgesamt positiv, auch wenn er ab 2025 stetig abnimmt.

Positive Tendenz

Die Autoren räumen es selber ein: Die Annahme, dass die Steuern pro Person einer Alterskategorie konstant bleiben, ist eher optimistisch. Die Mehrausgaben für die AHV und die berufliche Vorsorge sowie für die Erbringung von Gesundheitsleistungen werden zu höheren Lohn- und Steuerabgaben führen. Dadurch wird das verfügbare Einkommen der Bevölkerung verringert, was sich negativ auf den Konsum (also das Wachstum) sowie auf die Sparquote (weniger Vermögenssteuern) auswirken wird. Die dargestellten Mehreinnahmen entwickeln sich somit in der Tendenz positiv, sind jedoch nicht gesichert.

Dieses vereinfachte Modell berücksichtigt nur die Einkommens- und Vermögenssteuern. Der Kanton und seine Gemeinden verfügen jedoch über weitere Einnahmequellen, zum Beispiel Unternehmenssteuern oder Handänderungsgebühren. Auch der Effekt der Alterung auf die Mehrwertsteuer, die vom Bund erhoben wird, wurde hier nicht untersucht. Steigt der Konsum im Alter? Wie verändert sich der Warenkorb der Bürger und somit die Zusammensetzung von Produkten mit tieferen oder höheren Mehrwertsteuersätzen?

Die Liste offener Fragen ist lang. Die Studie im Auftrag des Kantons Schaffhausen liefert jedoch einen interessanten Beitrag zum besseren Verständnis des demografischen Einflusses auf die Staatsfinanzierung. Sie erlaubt es auch, die finanzielle Zukunft einer alternden Gesellschaft positiv zu beurteilen, selbst wenn diese ersten Resultate mit Vorsicht zu geniessen sind.

Link zur Studie