In Griechenland, aber auch in anderen Ländern wie Japan oder Grossbritannien, soll der Verkauf öffentlicher Unternehmen zur Sanierung der Staatsfinanzen beitragen. Doch der einseitige Fokus auf die Privatisierungserträge birgt Gefahren für den Wettbewerb.
Der griechische Staat plant den Verkauf von Häfen, Flughäfen, Bahnen, Autobahnen, Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerken sowie Bauland. Bis 2014 sollen dadurch rund 12 Mrd. Euro in die Staatskasse fliessen und zum Abbau des riesigen Schuldenbergs beitragen. Auch andere Länder haben forcierte Privatisierungsmassnahmen angekündigt, um ihre Staatsfinanzen zu sanieren. So nimmt Japan einen neuen Anlauf zur Privatisierung der Post, deren Postbank gemessen an ihren Einlagen die grösste Bank der Welt ist. Auch Grossbritannien plant den Verkauf der Staatspost. Den erhofften Privatisierungserlös im Umfang von etwa 3 bis 4 Mrd. Pfund wird der Staat vor allem dazu benötigen, ein riesiges Loch in der – inzwischen separierten – Pensionskasse des Unternehmens zu decken.
Dass die prekäre Lage der öffentlichen Finanzen zur Privatisierung zwingt, hat Vor- aber auch Nachteile. Der Vorteil liegt in erster Linie darin, dass überhaupt Privatisierungen und Strukturveränderungen eingeleitet werden. In vielen Fällen sind die öffentlichen Monopole wenig effizient und es fehlt an Anreizen sowie an finanziellen Mitteln für den Ausbau der Infrastrukturen. Ein historisches Beispiel dafür ist die britische Wasserversorgung. Zahlreichen Kommunen fehlten in den 1980er Jahren die finanziellen Mittel, um die nötigen Investitionen in Aufbereitungsanlagen und das vernachlässigte Leitungsnetz zu tätigen, um damit die neuen Anforderungen der europäischen Wasserrichtlinien zu erfüllen. Mit der Privatisierung stiegen die Investitionen, aber auch die Tarife.
Monopole lassen sich teurer verkaufen
Dies weist auf die potenziellen Nachteile eines Privatisierungsprozesses hin, der durch das Loch in den Staatsfinanzen angetrieben wird. Der Wert der angebotenen Staatsbetriebe ist vor allem dann gross, wenn deren Gewinnpotential gross ist. Dies trifft besonders zu, wenn die Unternehmen auch nach ihrer Privatisierung über eine starke Stellung im Markt verfügen – etwa, weil sie weiterhin von Monopolrechten oder anderen regulatorischen Vorteilen und damit einem Schutz vor Konkurrenz profitieren. Aus der kurzfristigen Optik der staatlichen Ertragsmaximierung ist es daher nicht vorteilhaft, gleichzeitig Strukturveränderungen für einen effektiven Wettbewerb einzuleiten. Dies relativiert den Nutzen eines Privatisierungsprozesses, der durch fiskalische Interessen motiviert ist: Die aus dem Verkauf generierten (Mehr-)Einnahmen des Staates zahlen in der Folge die Konsumenten über einen Preisaufschlag im Umfang der Monopolrente. Zudem garantiert die Privatisierung alleine noch keine Effizienzgewinne. Empirische Untersuchungen zeigen vielmehr, dass solche erst mit der steigenden Intensität der Konkurrenz entstehen.
Damit der Staat tatsächlich einen höheren Privatisierungserlös erzielen kann, muss er dem Käufer eine gewisse Sicherheit geben, dass er über eine relevante Dauer vom versprochenen Konkurrenzvorteil profitieren kann. Sonst wäre dieser nicht bereit, für die künftige Monopolrente zu zahlen. In der Praxis aber ist ein solches «Versprechen» von Seiten des Staates nicht ohne weiteres möglich. Schliesslich könnte der Gesetzgeber im Nachhinein neue Rahmenbedingungen schaffen. Sollte nämlich das private Monopol schlechte Leistungen zu hohen Preisen anbieten, ist die Politik eher geneigt, weitere Marktreformen und mehr Konkurrenz zuzulassen. Tatsächlich machte Grossbritannien in den 1980er und 1990er Jahren dahingehende Erfahrungen. Der Spielraum für gezielte Wettbewerbsbehinderungen mit dem Ziel der Ertragsmaximierung dürfte in der Zwischenzeit jedoch wegen den europäischen Binnenmarkt-Regelungen abgenommen haben.
Warum Privatisierungen dennoch sinnvoll sind
Die Ausführungen sprechen nicht gegen die Privatisierung von Staatsbetrieben. Vielmehr illustrieren sie, dass der volkswirtschaftliche Nutzen vom Zeitpunkt und der Motivation abhängt. Muss die Privatisierung während einer Rezession und Staatsschuldenkrise eingeleitet werden, steht automatisch das Argument der Ertragsmaximierung im Zentrum. Gleichzeitig reduzieren der faktische Zwang zur Veräusserung und die schwache Konjunktur den Verkaufspreis. Vielversprechender sind daher Reformen, die aus einer Position der Stärke eingeleitet werden. Aufgrund des grösseren ökonomischen und politischen Spielraums, lassen sie sich einfacher mit den Zielen einer höheren Effizienz und eines besseren Leistungsniveaus vereinbaren. Parallel zur Privatisierung müssen dazu die institutionellen Voraussetzungen für einen echten Wettbewerb geschaffen werden.