In internationalen Rankings zur Standort- und Lebensqualität belegen Schweizer Städte oft Spitzen-ränge, und auch Umfragen unter ihren Bewohnerinnen und Bewohnern zeigen einen hohen Grad an Zufriedenheit. Doch wie zukunftsfähig ist das «Erfolgsmodell»? Sind die Städte bereit für die grossen Herausforderungen der kommenden Jahre mit demografischem Wandel und fortschreitender Digitalisierung?

Wichtige Treiber, die den Städten in den letzten zwei Jahrzehnten eine Art Sonderkonjunktur beschert haben, schwächen sich ab: Die qualifizierte Zuwanderung geht zurück, die Globalisierung wird in Frage gestellt und es ist eher unwahrscheinlich, dass die Fiskalerträge weiterhin so üppig sprudeln werden. Darüber hinaus lähmt ein wirtschaftspolitischer Reformstau die politische Landschaft der Schweiz. Entsprechende Herausforderungen ergeben sich für die Städte in allen Politikfeldern – von der Bildungs- bis zur Verkehrspolitik.

«Liberale Smart City»

Das Städtemonitoring von Avenir Suisse orientiert sich am Konzept einer «Liberalen Smart City». Fünf Prinzipien prägen eine moderne Stadtpolitik im Sinne der Liberalen Smart City: Smartness, Liberalismus, Effizienz, Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial und ökonomisch) sowie Urbanität. Untersucht wurden 47 Indikatoren in den Bereichen Haushaltsführung, Verwaltung, Wirtschaftsfreundlichkeit, Städtebau und Wohnungsmarkt, Mobilität, Energie und Infrastruktur, Kultur und Freizeit, Bildungspolitik und Vereinbarkeit sowie Sozial- und Integrationspolitik.

Dabei hat sich gezeigt, dass alle Städte voneinander lernen können: Jede der zehn untersuchten Städte rangiert mindestens in einem Indikator einmal an der Spitze und einmal auf dem letzten Platz. Daraus ergibt sich nach der Best-Practice-Optik für alle untersuchten urbanen Zentren signifikantes Verbesserungspotenzial. Im Gesamtranking erreicht Zürich knapp die höchste Punktzahl, gefolgt von Basel und Bern. Die vier nicht-deutschsprachigen Städte belegen die hinteren Ränge, was auch unterschiedliche politische Präferenzen spiegelt.

Verbesserungspotenzial vorhanden

Grundsätzlich darf festgehalten werden, dass die Städte in vielen Bereichen gut aufgestellt sind. Im Gegensatz zu vielen Metropolen weltweit agieren sie nicht nahe am Staatsbankrott, die Verwaltungen funktionieren zufriedenstellend, die Infrastruktur befindet sich auf hohem Niveau. Trotzdem gibt es Verbesserungspotenzial: Die Städte wären gut beraten, ihre Vorbehalte gegenüber Marktmechanismen zu überwinden und sich bezüglich Governance an modernen Prinzipien zu orientieren. Dazu gehört insbesondere eine grössere Unabhängigkeit städtischer Betriebe oder eine weitgehende Delegation von operativen Entscheiden an nachgelagerte Verwaltungseinheiten. Auch verharrt die Stadtpolitik heute zu sehr in ideologischen Grabenkämpfen. Dabei haben die Schweizer Städte eine wichtige Rolle im Staatsgefüge als Versuchslabor für unkonventionelle Lösungen bestehender Probleme. Dieser werden sie allerdings nur noch begrenzt gerecht, oft drehen sich die politischen Auseinandersetzungen um Parkplätze, Velowege oder Genossenschaftswohnungen im Kreis.

Mit dem vorliegenden Städtemonitoring setzt Avenir Suisse die Reihe von vergleichenden Studien zu den föderalen Ebenen der Schweiz fort, die 2008 mit dem ersten Kantonsmonitoring ihren Anfang genommen hat. Sie sollen Transparenz schaffen und erfolgreiche und weniger erfolgreiche Strategien der Politik benennen. Durch gegenseitiges Lernen können die Vorteile unseres föderalistischen Staatsaufbaus optimal genutzt werden.

Corrigendum

Bei der Datenrecherche zum Städtemonitoring haben sich zwei Fehler ergeben, auf welche wir hinweisen möchten:

  • In Indikator 2.1 (S. 77-78) wurde die Entwicklung der Verwaltungskosten von Basel-Stadt nicht korrekt erfasst. Tatsächlich sind die Aufwendungen im Bereich «Allgemeine Verwaltung» während des analysierten Zeitraums (2010-2016) nicht gestiegen, sondern gesunken (rund 12%). Allerdings lassen die grossen Schwankungen innerhalb der untersuchten Kontosequenz eine Verwendung der Daten für den Indikator in der vorliegenden Form nicht zu. Für Basel bedeutet dies trotzdem, dass es im Gesamtranking neu auf dem 2. Platz rangiert.
  • In Indikator 5.7 (S. 135-136) wurde der Preis einer Anwohnerparkkarte in Winterthur mit 50 Franken pro Jahr angegeben. Bei dieser Preisangabe fehlt allerdings die Nachtparkgebühr, welche bei allen anderen Städten in der Preisangabe schon inkludiert ist. Gesamthaft bezahlen Anwohner für das Parkieren in der blauen Zone in Winterthur daher jährlich 710 Franken. Dies führt dazu, dass Winterthur im Bereich «Mobilität, Energie & Infrastruktur» neu den 1. Platz belegt.

Die digitale Ausgabe der Studie «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik» wird so rasch als möglich angepasst.