Die Schweizer Wirtschaftsgeschichte ist eine Geschichte der Migration. Zugezogene Pioniere haben Firmen von Weltruf gegründet und Grundsteine für Branchen geliefert, die längst zur DNA der Schweizer Wirtschaft gehören. Doch welchen Anteil haben Menschen mit ausländischen Wurzeln an der Schweizer Innovationskraft heute? Basierend auf neuen Daten zeichnet Patrick Leisibach in der jüngsten Avenir-Suisse-Studie ein umfassendes Bild über die Bedeutung der Zuwanderung für das «Innovationsökosystem Schweiz».

Ausländer prägen die Innovation

In Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil (26%) leisten Ausländerinnen und Ausländer einen über­durchschnittlich hohen Beitrag zur Schweizer Innovationsleistung. Sie stellen

  • 39% aller Firmengründer,
  • 50% aller Startup- sowie 78% aller «Unicorn»-Gründer,
  • 37% aller Erfinder (basierend auf Patentanmeldungen).

37% aller Beschäftigten in den zehn wertschöpfungsstärksten Branchen der Schweiz verfügen über einen ausländischen Pass – in der Pharmabranche sind es sogar 56%. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Universitäten: Von den Professoren (51%) bis zu den Mint-Promovierten (74%) ist der Ausländeranteil überdurchschnittlich hoch.

Innovation ist in aller Regel ein «Teamsport». Dabei stellen «gemischte» Teams verschiedener Nationalitäten und Kulturen hierzulande inzwischen die Norm dar. In der vorliegenden Studie wird der Zuwanderungseffekt indes ausschliesslich über die Staatsangehörigkeit gemessen – verlässli­che Daten zu Personen mit Migrationshintergrund gibt es kaum. Folglich dürfte die Migration für die Innovationskraft der Schweiz noch bedeutender sein.

Die Innovationskraft der Schweiz nachhaltig sichern

Wie die Analyse zeigt, sind Unternehmen und Hochschulen auf ausländische Talente angewiesen, um innovativ erfolgreich zu sein. Drei Entwicklungen setzen dem Innovationsstandort jedoch bereits heute und verstärkt in Zukunft Grenzen: die Demografie, ein verschärfter inter­nationaler Wettbewerb um Talente sowie die von der Schweiz praktizierte Drittstaaten-Zuwande­rungspolitik.

Was ist zu tun, damit die Schweiz langfristig von ausländischen Talenten profitieren und die hiesige Innovationskraft erhalten kann? Zunächst gilt es zu konstatieren, dass sich die vorliegende Analyse auf die ökonomischen Effekte zur Innovationsfähigkeit konzentriert. Gerade angesichts einer bereits hohen Nettozuwanderung sind für eine langfristig erfolgreiche Migrationspolitik auch andere ökonomische sowie gesellschaftspolitische Aspekte in die Beurteilung miteinzubeziehen.

Vor diesem Hintergrund lautet unsere kurzfristige Empfehlung, das Zuwanderungssystem für Dritt­staaten-Angehörige punktuell zu optimieren:

  1. Vereinfachungen für Hochschulabsolventen
  2. Einführung von «Startup-Visa»
  3. Bestehende Kontingente an demografische Entwicklung koppeln

Langfristig wäre über ein neues, stärker nachfrageorientiertes Steuerungsregime für die Erwerbsmigration aus Drittstaaten nachzudenken: Bei Hochqualifizierten könnte die Aufenthalts­bewilligung unbürokratisch erteilt werden, wenn ein Jobangebot mit einem gewissen Mindestein­kommen vorliegt.

Aus Sicht von Avenir Suisse trägt eine bessere Nutzung des globalen Talentpools dazu bei, die Position der Schweiz als «Innovationsweltmeister» zu festigen. Langfristig dürfte an einer Debatte zur Rolle der Drittstaaten-Migration kaum ein Weg vorbeiführen – primär als Ersatz versiegender Fachkräftequellen aufgrund der demografischen Entwicklung. Denn wie diese Publikation darlegt, ist Zuwanderung für die Innovationskraft und damit für den Wohlstand keine Option, sondern ein Muss.