Ein Indikator, der die gesamtwirtschaftlichen Belastungen der Wirtschaft durch Regulierungen seit Jahren zuverlässig erfasst, ist der WEF-Indikator «Burden of government regulation». Er beruht primär auf Umfragedaten. Die Frage zu dieser Themenstellung lautet: «In your country, how burdensome is it for businesses to comply with governmental administrative requirements, e.g., permits, regulations, reporting?». Je weniger bürokratische Lasten angegeben werden, desto besser das Rating. Von Interesse für den internationalen Vergleich ist weniger der absolute Wert des Ratings als die relative Position der einzelnen Länder. Die Schweiz liegt bei diesem Indikator in der jüngsten Umfrage auf Rang 17, 2009 belegte sie noch den 11. Platz. China, Malaysia, Neuseeland und Finnland sind mittlerweile an der Schweiz vorbeigezogen. Singapur konnte seinen Spitzenrang bei diesem Indikator in allen acht Berichtsperioden des WEF halten. Hongkong liegt auf Platz 5, ist aber seit 2006 – wie die Schweiz – etwas zurückgefallen. Bemerkenswert ist die Entwicklung von Irland, dessen Bemühungen zum Abbau der regulatorischen Belastungen klar erkennbar sind. Von einem Platz über 80 im Jahr 2010 ist dieses Land in nur vier Jahren auf Platz 29 vorgerückt. Wichtige Konkurrenten der Schweiz auf den Weltmärkten wie Deutschland, die USA und Japan haben deutlich schlechtere Werte. Ähnliche Klassierungen wie die Schweiz haben Länder wie Luxemburg (18), Schweden (22) und Taiwan (15). Die Umfragewerte dieser Länder liegen alle sehr nahe beieinander, so dass der konkrete Rang nicht überbewertet werden sollte.
Ein anderer Bericht, der sich mit den Folgen der Regulierungen für die Wirtschaft befasst, ist der «Doing Business Report» der Weltbank. Dieser untersucht Regulierungen für die Wirtschaft in rund 190 Volkswirtschaften anhand von 41 Einzelindikatoren. Diese basieren auf offiziellen Statistiken sowie auf eigenen Erhebungen objektiv messbarer Indikatoren, ferner auf standardisierten Umfragen. Daraus erstellt die Weltbank Länder-Ranglisten für jeden Indikator. Beim Doing Business Report gilt aber nicht «je weniger Regulierung, desto besser», sondern es wird versucht, die Verbesserung resp. Verschlechterung der Regulierungen zu messen. Das heisst, es werden nicht nur die Kosten analysiert, sondern der Nutzen wird explizit berücksichtigt. So werden beispielsweise zusätzliche Regulierungen, die die Investoren besser schützen, positiv beurteilt. Oder bei der Beurteilung von Bauregulierungen erhält ein Land ohne Regulierungen in diesem Bereich nicht automatisch den besten Rang. Die Volkswirtschaften, die die besten Noten erhalten, sind also nicht diejenigen ohne Regulierungen, sondern diejenigen, die es geschafft haben, ein regulatorisches System zu kreieren, das Markttransaktionen möglichst erleichtert und transparent macht und gleichzeitig die öffentlichen Interessen schützt, ohne den Markt allzu sehr mit Kosten zu belasten. Die Weltbank-Daten sind deshalb auch diejenigen, die die präzisesten und zuverlässigsten Antworten auf die Fragestellungen dieser Analyse geben. Das Weltbank-Ranking zeigt viel deutlicher als jenes des WEF, dass sich die Schweiz in den letzten Jahren laufend verschlechtert hat – von Platz 11 im Jahr 2005 auf Platz 29 im Jahr 2014. Hervorzuheben ist, dass in dieser Erhebung ein wichtiger Standort-Konkurrent der Schweiz, Deutschland, auf Rang 21, also leicht besser platziert ist. Ebenfalls höher eingestuft werden die USA, Dänemark, Norwegen, Grossbritannien, Finnland, Schweden sowie die Niederlande. Hinter der Schweiz liegen Österreich (30) oder Belgien (36) und Frankreich (38). Diese Abbildung zeigt klar, dass sich das regulatorische Umfeld der Schweiz nicht nur absolut, sondern auch relativ verschlechtert hat.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in der neuen Publikation «Auswege aus dem Regulierungsdickicht – Beunruhigende Fakten und erfolgversprechende Lösungsansätze für die Schweiz».