Die Fabi-Vorlage zum weiteren Ausbau der Bahninfrastruktur war eigentlich als 3-Milliarden-Paket ins Parlament geschickt worden. Um alle Regionen glücklich zu machen und um das Ständemehr zu sichern, kam sie 6 Milliarden schwer wieder heraus. Tatsächlich wurde die Vorlage beim Referendum mit 62% Ja-Stimmen geradezu euphorisch angenommen. Ganz anders lief es mit der Vorlage für die verhältnismässig moderate Verteuerung der Autobahnvignette, die mit 60,5% abgelehnt wurde. Diese Ergebnisse sind symptomatisch für die Schweizer Verkehrspolitik, in der der Zusammenhang zwischen Subventionen und Mobilitätsnachfrage gerne ausgeblendet wird. Neue Subventionen werden begrüsst, während Massnahmen, die auf eine direkte Kostenbeteiligung zielen, kaum eine Chance haben.
Die politische Akzeptanz der Kostenwahrheit und des Verursacherprinzips in der Verkehrspolitik ist bisher gering. Auch im Mikrozensus «Mobilität und Verkehr» (2012) der Bundesämter für Statistik und für Raumentwicklung haben alle Reformvorschläge, die dem Verursacherprinzip gerecht werden, eine Abfuhr erhalten (vgl. Abb.): Höhere Preise im ÖV zu Spitzenzeiten wurden von 71% der Befragten abgelehnt, höhere Benzinpreise von 76%. Gebühren für die Zufahrt in die Stadtzentren zu Spitzenzeiten kamen auf Nein-Voten von 61%. Einzig gegenüber Tunnelgebühren bestand eine gewisse Akzeptanz. Auffallend war auch, dass 81% der Befragten die finanzielle Förderung von energiesparenden Neuwagen befürworteten. Solange die Allgemeinheit dafür aufkommt, ist man mit dem Geld deutlich grosszügiger.
Wenn die Verkehrsteilnehmer die Kosten ihrer privaten Verkehrsbedürfnisse aber nicht spüren, haben sie auch keinen Anreiz, diese bei ihren privaten Mobilitätsentscheiden zu berücksichtigen. Das übergeordnete Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik ist deshalb die Umschichtung der Verkehrsfinanzierung weg von Steuermitteln hin zu benutzungsabhängigen Gebühren und Abgaben. Die Umschichtung soll nicht nur Verkehrsträger-neutral- sondern auch aufkommensneutral erfolgen. Einsparungen werden kompensiert durch entsprechende Steuersenkungen, beispielsweise für den arbeitenden Mittelstand. Bestimmte Verteilungseffekte sind dabei gewollt: Wer mehr Mobilität konsumiert, bezahlt auch mehr.
Vielleicht wurden in der oben erwähnten Umfrage auch die Fragen falsch gestellt: Der Fokus lag auf der Akzeptanz höherer Gebühren, während die Kosten ausbleibender Reformen nicht thematisiert wurden. Erst wenn auch die Folgen der Reformträgheit ins öffentliche Bewusstsein rücken, wird die Akzeptanz für eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Verkehrspolitik steigen.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Avenir-Suisse-Diskussionspapier «Mobility Pricing: Wege zur Kostenwahrheit im Verkehr».