Nicht nur Mitt Romney, auch Barack Obama denkt daran, die Unternehmensgewinnsteuer zu senken, denn die volkswirtschaftlichen Kosten dieser Abgabe stehen in einem schlechten Verhältnis zu ihrem Ertrag. Auch in der Schweiz wird eine Senkung dieser Steuer für inländische Unternehmen erwogen. Wenn jedoch Finanzwissenschafter unser Steuersystem heute neu entwerfen könnten, würden die meisten auf die Unternehmensgewinnsteuer (UGSt) gänzlich verzichten – und an ihre Stelle eine Konsumsteuer setzen.
Sechs Gründe, die für die Abschaffung der UGSt sprechen:
- Die UGSt hemmt Wachstum und Reichtum einer Gesellschaft:
Jede Steuer hat immer zwei Wirkungen. Die erste ist jedem klar: Sie schafft Einnahmen für den Staat. Die zweite Wirkung ist weniger sichtbar, aber dennoch real: eine Steuer hemmt, was sie besteuert. Die Unternehmensgewinnsteuer hemmt, was Unternehmen tun, nämlich investieren. Dies ist grundsätzlich eine schlechte Idee, weil Investitionen in Gebäude, Maschinen – aber auch in Ideen – uns alle produktiver machen. Und je produktiver, desto höher unsere Einkommen.
- Bei der Erhebung der UGSt stehen politische, nicht ökonomische Gründe im Vordergrund
Für die Ökonomen ist die UGSt eine schlechte Steuer. Dennoch ist sie bei Wählern und Politikern beliebt. Warum denn? Unternehmen sind anonyme Gebilde, die man scheinbar ohne Kosten für die Allgemeinheit leicht besteuern kann. Hinzu kommt, dass die wenigsten Unternehmen – vorwiegend Grosskonzerne – nennenswerte Gewinne abwerfen. (Gerade deshalb sind sie auch Grosskonzerne geworden.) Dass in Wirklichkeit eine Steuerbasis besteuert wird, die uns alle reicher macht, geht im politischen Spiel vollkommen unter.
- Die UGSt fördert übermässigen Konsum
Makroökonomisch betrachtet sind Unternehmen bloss eine von vielen Formen, wie die Ersparnisse der Volkswirtschaft angelegt werden können. Die UGSt schmälert folglich die Ersparnisse. Damit wird der sofortige Konsum steuerlich bevorzugt.
- Es ist nicht klar, wer die Last der UGSt trägt
Die UGSt ist kein gutes Mittel, um Reiche zu besteuern, auch wenn in der Tat Unternehmen eher reicheren Leuten gehören. Wie aber auch die Hunde die Hundesteuer nicht selber zahlen, so zahlen nicht unbedingt die Unternehmer die Unternehmensteuer. Viele Ökonomen sind der Meinung, dass diese Steuer zum grossen Teil – manche Studien finden bis zu 70% – auf die Arbeitnehmer überwälzt wird. Das heisst: Die Löhne sind tiefer, als sie in einer Welt ohne Unternehmensteuer wären.
- Ein Verzicht auf die UGSt wäre verkraftbar
Bei einem Verzicht auf die UGSt würden zwar viele Steuereinnahmen verloren gehen: die Unternehmensteuer generiert immerhin ca. ein Zehntel aller Steuereinnahmen in der Schweiz. Langfristig würden jedoch die positiven Wachstumseffekte entsprechende Einnahmen bei anderen Steuern induzieren und den Steuerausfall teilweise kompensieren. Die Stärke dieses Wachstumseffektes ist allerdings umstritten. Man muss zwar ausschliessen, dass der Steuerausfall ausgeglichen werden kann. Eine Harvard-Studie kam jedoch zum Schluss, dass die Kompensationseffekte langfristig immerhin bis zu 50% betragen könnten.
- Konsumsteuern wären die bessere Alternative
Einkommens- und Unternehmensgewinnsteuern reduzieren unseren Beitrag zur Volkswirtschaft. Eine Konsumsteuer besteuert hingegen, was wir der Wirtschaft entnehmen. Konsum ist deshalb eine überlegene Basis für die Besteuerung, weil damit weniger negative Effekte ausgelöst werden. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, Konsumsteuern progressiv zu gestalten. Dies ist jedoch technisch machbar – einen entsprechenden Vorschlag für die Schweiz werden wir in einer kommenden Publikation präsentieren.
Das Schweizer Fernsehen hat Marco Salvi für die Sendung «Eco» vom 29. 10. 2012 zu diesem Thema interviewt: Hier geht’s zur Sendung