Die SVP-Familieninitiative, die heute vom Nationalrat beraten wird,  möchte eine Steuervergünstigung von bis 10‘000 Fr. für die Eigenbetreuung der Kinder einführen.  Für die Initianten geht es um die Gleichbehandlung der Eigen- und Fremdbetreuung. Seit 2011 dürfen die Fremdbetreuungskosten bei der direkten Bundessteuer und in allen Kantonen (wenn auch in unterschiedlichem Ausmass) vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Anfang März war eine CVP-Initiative, die die Möglichkeit von zusätzlichen kinderbezogenen Abzügen eröffnet hätte,  am Ständemehr gescheitert.

Wie Avenir Suisse in der Publikation «Steuerpolitische Baustellen» gezeigt hat, sind zwar solche Abzüge – auch Steuervergünstigungen genannt – politisch beliebt, ökonomisch bleiben sie jedoch problematisch. Ein Steuerabzug beschert den Begünstigten einen substanziellen Einkommenszuwachs zu scheinbar niedrigen Kosten für die Allgemeinheit. Der Staat muss keine neuen Ausgaben finanzieren, er erhält «bloss» weniger Einnahmen.

Doch ohne  eine parallele Reduktion der Ausgaben muss der Steuerabzug von einer Steuererhöhung für jemand anders begleitet werden. Wer zahlt also? Diejenigen, die nicht in die Gunst der Steuervergünstigung kommen – im Falle des Abzuges für die Eigenbetreuung sind es die kinderlosen Haushalte oder jene, deren Kinder bereits erwachsen sind. Wegen der Steuerprogression steigt die Steuervergünstigung mit dem Familieneinkommen. Das heisst aber auch, dass der Abzug einer überproportionalen Steuererhöhung bei den gut verdienenden kinderlosen Haushalten gleichkommt.

Die Diskussion rund um die Kinderabzüge und weitere Steuervergünstigungen illustriert, dass auch in Steuerfragen Wahrnehmungen eine grosse Rolle spielen. Manche Parlamentarier würden wohl anders stimmen, wenn sie – statt über einer Steuersenkung zu urteilen  – mit einem Vorschlag für eine Erhöhung der Steuerbelastung gut situierter kinderloser Haushalte konfrontiert wären.

Mehr zu diesem Thema und zu  weiteren umstrittenen Fragen der Steuerpolitik entnehmen Sie dem Buch «Steuerpolitische Baustellen».