Nachdem sich der Bundesrat für einen Ausstieg aus der Kernkraft ausgesprochen hat, sieht sich die Branche für erneuerbare Energien im Aufwind. Betrachtet man jedoch die in verschiedenen Studien berechneten technischen Ausbaupotenziale in der Schweiz, relativieren sich die Hoffnungen bezüglich einer raschen Energiewende. Vor allem die Windkraft, deren Kosten an guten Onshore-Standorten heute nicht weit von den Marktpreisen entfernt sind, hat hierzulande aufgrund der begrenzten räumlichen Verhältnisse nur geringes Potenzial.

Grosse Hoffnungen liegen dagegen auf der Photovoltaik (vgl. Abbildung). Dach- oder Gebäude-integrierte Anlagen könnten vielerorts relativ einfach installiert werden. Zudem geniesst die Photovoltaik in der Bevölkerung ein gutes Image. Als die Universität St. Gallen Anfang 2011 – noch vor der Katastrophe in Japan – Stromverbraucher nach ihrem bevorzugten Strommix befragte, lag die Solarenergie knapp hinter dem Wasser an zweiter Stelle in der Beliebtheitsskala.

Dass die unstetige und mit einem Spitzenlastprofil produzierende Photovoltaik kein optimales Substitut zur Grundlastproduktion der Kernenergie darstellt, ist ein Problem, das an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden soll. Ein anderes Problem sind die hohen Kosten. Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) liegen die Kosten der Photovoltaik bei etwa 0,20 bis 0,60 $/kWh – je nach Standort, Effizienz und verwendeter Diskontrate. Entsprechend hoch sind auch die nötigen Subventionen. Derzeit wird in der Schweiz Photovoltaikstrom über die «Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV)» mit etwa 0,29 bis 0,59 Fr./kWh abgegolten. Die effektive Subvention bemisst sich als Differenz zum Marktpreis. Im Grosshandelsmarkt an der EEX wird Spitzenlaststrom deutlich günstiger bei etwa 0,05 bis 0.07 €/kWh gehandelt.

Netzparität als falsches Ziel

Sollte die Politik den Ausstieg aus der Kernkraft vor allem mit der Förderung von Photovoltaik umsetzen wollen, dann wäre dies zweifelsohne eine teure Strategie. Natürlich bestehen berechtigte Hoffnungen, dass der Strom aus den Solarzellen in den nächsten Jahren aufgrund von technischen Weiterentwicklungen und Skaleneffekten günstiger wird. Eine solche Entwicklung hat sich in den vergangenen Jahren tatsächlich abgezeichnet. So schätzte beispielsweise das Paul Scherrer Institut (PSI) im Jahr 2005 die Kosten in der Schweiz bei 0,50 bis 0,90 Fr/kWh und prognostizierte für 2035 Kosten von 0,22 bis 0,42 Fr./kWh. Schon heute liegen die Kosten der Photovoltaik in der Nähe dieser Langfristschätzung.

Bereits ist die Rede davon, dass in den kommenden Jahren an günstigen Lagen die «Netzparität» erreicht werden könnte und die Photovoltaik damit konkurrenzfähig würde. Die Netzparität vergleicht die Kosten der Photovoltaik mit dem Preis des beim Netzbetreiber eingekauften Stroms. Der hierzu verwendete Endkundentarif rechnet allerdings den Tarif für die Netznutzung mit, der üblicherweise etwa die Hälfte der Rechnung ausmacht. Diese Optik vernachlässigt, dass trotz dezentraler Produktion der Anschluss ans Stromnetz nötig ist, damit fehlende oder überschüssige Produktion ausgeglichen werden kann. Der richtige Benchmark wäre der Strompreis exklusive Netznutzung.

Relevanz der Marktpreise

Die Konkurrenzfähigkeit der Photovoltaik wird nicht nur durch ihre eigenen Kosten sondern auch durch die Marktpreise im Grosshandel bestimmt. Diese bilden sich in Europa üblicherweise anhand der (Grenz-)Kosten von Gaskraftwerken. Gut möglich, dass in den kommenden Jahren Gas und damit Strom immer teurer werden. Die jüngsten, positiven Entwicklungen bei der Förderung von unkonventionellem Gas könnten aber ebenso in eine andere Richtung weisen. Investitionen in die Photovoltaik-Branche sind nicht nur eine Wette auf die Technologie selber, sondern auch auf den Gasmarkt.

Die Unsicherheiten über die künftigen Entwicklungen illustrieren vor allem Eines: Die Politik ist nicht fähig, die richtigen und konkurrenzfähigen Technologien der Zukunft zu identifizieren. Subventionierungsinstrumente wie die KEV setzen hingegen genau dies voraus. Das Fördern einer Technologie mit besonders hohen Kosten ist eine riskante Strategie – der Staat sollte die Finger davon lassen. Viel eher sollte es Sache des Staates sein, für funktionierende Märkte und richtige Preissignale zu sorgen.

Bilden die Stromtarife die tatsächlichen Marktpreise ab und berücksichtigen diese auch externe Effekte (z.B. Klimakosten), dann braucht es keine Subventionen. Die Preise geben dann ausreichend Anreize für die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien. Doch genau solche Preise fehlen in der Schweiz: Wegen der halbherzig umgesetzten Liberalisierung liegen heute vielerorts die Endkundentarife unter dem Marktpreis. Das ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für den Einsatz neuer Technologien.