Relativ zu Agglomerations- und Landgemeinden ist die Quote der von der Sozialhilfe abhängigen Personen in den Städten klar erhöht (vgl. Abbildung). Die Gründe dafür sind vielschichtig: Eine grosse Rolle spielt die soziodemografische Zusammensetzung der Stadtbevölkerung mit vielen gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Wichtig sind aber auch das historische Erbe der Städte, die Anonymität, die ein städtisches Umfeld bieten kann, und die soziale Clusterbildung – beispielsweise von Personen mit Migrationshintergrund aus Nicht-EU-Staaten, die ein klar erhöhtes Risiko für Sozialhilfeabhängigkeit aufweisen. Hinzu kommt der stadtpolitisch oft gewollte relativ grosszügigere Umgang mit der Verteilung von Sozialhilfeleistungen.

Die Herausführung potenzieller Erwerbspersonen aus der Abhängigkeit staatlicher Transfers (primär über die Eingliederung in den Arbeitsmarkt) ist nicht nur aus finanzpolitischer Sicht wichtig, sondern ebenso sehr aus gesellschaftspolitischer. Die Anzahl der Bezüger von Sozialleistungen wird in Städten zwar aus strukturellen Gründen immer etwas höher als im Umland sein. Das urbane Umfeld mit seiner hohen Dichte an diversen Unternehmen, Arbeitsmöglichkeiten und unterstützenden Institutionen bietet allerdings auch einen optimalen Rahmen für eine niederschwellige Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Das Städtemonitoring

Der vorliegende Indikator untersucht, wie erfolgreich die Städte in den vergangenen zehn Jahren bei der Wiedereingliederung von Sozialhilfebezügern waren. Als (indirekter) Massstab hierfür wird die Veränderung der Sozialhilfequoten in den letzten 10 Jahren (von 2007–2017) in den Städten mit der Veränderung in ihrem jeweiligen Umland verglichen. Durch den Vergleich mit dem Umland werden mögliche nicht direkt durch die Stadtpolitik beeinflussbare, regionale Trends abgefangen.

Ranking

Veränderung der Sozialhilfequote 2007-2017, in Prozentpunkten
Stadt
Umlandgemeinden
Differenz Stadt vs. Umland
1.
Lausanne
-1.30
0.16
-1.46
2.
Zürich
-1.20
-0.15
-1.05

3.
Bern
-0.50
0.36

-0.86
4.
Basel
-0.40
0.42

-0.82
5.
St. Gallen
0.00

0.28
-0.28
6.
Lugano
0.20

0.47
-0.27

7.
Biel
0.50

0.41
0.09
8.
Genf
2.40

2.25
0.15
9.
Winterthur
0.40

0.01
0.39
10.
Luzern
1.40

0.66

0.74
Quelle: Eigene Berechnungen basierend auf BFS (Statistischer Atlas)

Ergebnisse

Die städtischen Sozialhilfequoten sind im Gesamtschnitt während der letzten zehn Jahre nicht deutlich weiter gestiegen. In vier von zehn Städten (Lausanne, Zürich, Bern und Basel) sind sie sogar gesunken, in St. Gallen sind sie unverändert, Lugano, Winterthur und Biel haben leichte Anstiege zu verzeichnen. Bloss in Luzern und v.a. in Genf ist die Sozialhilfequote seit 2007 weiter deutlich gestiegen.

Interessant – und in Bezug auf die Errungenschaften städtischer Politik aussagekräftiger – ist der Vergleich zur Entwicklung der Quoten im direkten Umland der Städte. Tatsächlich sind im Umland fast aller Städte die Sozialhilfequoten gestiegen. Das mag letztlich auch ein Indiz auf eine gewisse Urbanisierung dieser Umlandgemeinden – mit Übernahme typischer städtischer Charakteristika, wie eben erhöhter Sozialhilfequoten – sein. Einzig das Umland Zürichs konnte einen leichten Rückgang der Sozialhilfequote verzeichnen.

Nach wie vor liegen aber die Quoten in allen Städten höher als in deren Umland. Die mit Abstand grösste Differenz weist Biel aus, wo die Quote in der Stadt bei 11,5% und in deren Umland bei 5,5% liegt. Ziemlich klein ist der Unterschied in Genf (6,9% Stadt vs. 6,2% Umland). Diese Differenz zum Umland ist allerdings in immerhin in 6 der 10 Städte kleiner geworden – und zwar deutlich am stärksten in Lausanne, das seine Sozialhilfequote von 2007 bis 2017 um 1,3 Prozentpunkte senken konnte, während die Quote in deren Umlandgemeinden im Schnitt um 0,16 Prozentpunkte stieg. Am anderen Ende der Skala liegt Luzern, deren Quote um 1,4 Prozentpunkte stieg, während der Anstieg in dessen Umland nur knapp halt so gross war.

Im Gesamtbild wiederlegen diese Entwicklungen die allgemeine Intuition, wonach die Städte relativ gesehen immer stärker unter den Lasten der Sozialhilfe zu leiden haben. Auch wenn soziodemografische Änderungen in der Bevölkerungsstruktur auch eine Rolle spielen können (besonders hervorgerufen durch eine Aufwertung der Städte), spricht dies doch für einen gewissen Erfolg der Städte bei ihren Bemühungen im Umgang mit Sozialhilfeabhängigen. Umso mehr sollten Winterthur und Luzern, wo die negative Dynamik gegenüber dem Umland bisher nicht abgerissen hat, die Situation im Auge behalten und auf Ursachenforschung gehen.