Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist eine sogenannte spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Soweit nichts anderes definiert ist, gelten für sie die aktienrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts. Der SNB-Bankrat entspricht dem Verwaltungsrat in privatwirtschaftlichen Unternehmen. Dieser hat nach schweizerischem Rechtsverständnis klare Pflichten: Er muss erstens die Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen einhalten und zweitens um dessen langfristige, nachhaltige Entwicklung unter der Wahrung der Interessen aller Aktionäre besorgt sein. Man würde es deshalb wohl kaum verstehen, wenn Mitglieder des Verwaltungsrates einer privaten Aktiengesellschaft sich öffentlich in Widerspruch zu deren Strategie begäben.
Gilt dies auch für die Mitglieder des Bankrats? Müssen sich seine Mitglieder in öffentlichen Stellungnahmen zur Politik und Stellung der SNB zurückhalten? Ja, so sollte man meinen. Aber Daniel Lampart, der Vertreter des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, nimmt sich jede Freiheit heraus, um der Notenbankleitung geld-und währungspolitische Ratschläge zu erteilen, die zur aktuellen Politik in deutlichem Widerspruch stehen. Konsequenzen hatten diese Aussagen für ihn bisher nicht. Würde sich ein “Wirtschaftsvertreter” im Bankrat derart gebärden, liessen das Aufheulen und die Kritik der Linkspolitiker kaum lange auf sich warten.
Man kann sich mit Fug und Recht fragen, ob die Organisationsform der SNB als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft und ihre Corporate Governance noch zeitgemäss sind. So werden erstens die laut Gesetz strengen Kriterien bei der Auswahl der Mitglieder des Bankrates eher locker gehandhabt. Zweitens suchen einzelne Mitglieder des Bankrats die Diskussion eher in der Öffentlichkeit und nehmen dabei in Kauf, dass das Verständnis der Öffentlichkeit für die Geldpolitik der SNB Schaden nimmt. Bringt der Bankrat unter diesen Umständen der Notenbank-Leitung überhaupt noch etwas? Wäre es nicht sinnvoller, ihn aufzulösen und dafür durch eine strengere Rechenschaftspflicht der SNB gegenüber Bundesrat und Parlament, wie sie etwa in den USA und England besteht, zu ersetzen?