Alexander Betts von der University of Oxford beschäftigt sich als Forscher schon seit vielen Jahren mit dem Schicksal von Flüchtlingen. Sein besonderes Interesse gilt der Suche nach jenen Rahmenbedingungen, die es Flüchtlingen ermöglichen, wirtschaftliche Eigenständigkeit zu erlangen, also einen volkswirtschaftlichen Beitrag in ihrer neuen Heimat zu leisten.
Seine Erkenntnisse zeigen, dass der in vielen Ländern verbreitete Ansatz, Flüchtlinge in abgesonderten Unterkünften unterzubringen, bei der Verwirklichung dieses Ziels eher hinderlich ist. Betts weist auf die wirtschaftlichen Kosten für eine Gesellschaft hin, wenn Menschen nicht die Möglichkeit erhalten, ihre Talente und Hoffnungen einzubringen.
Eine Langzeitstudie, in der er mit seinem Team die Migrationspolitiken von Uganda, Kenia und Äthiopien verglich, brachte Spannendes hervor: Die grössten Erfolge in dieser Ländergruppe kann Uganda aufweisen, weil es den Flüchtlingen das Recht auf Arbeit und Bewegungsfreiheit garantiert. Sowohl das Einkommensniveau der Flüchtlinge als auch ihre Akzeptanz durch die angestammte Bevölkerung werden durch diese Strategie positiv beeinflusst.
Betts benennt fünf Erfolgsfaktoren für den Aufbau eines wirtschaftlichen Rahmens, in dem Flüchtlingen nicht nur «überleben», sondern auch «gedeihen» können: politischer Wille, Zugang zu öffentlicher Infrastruktur (z. B. Transport), die individuelle Kompatibilität zum lokalen Arbeitsmarkt, das soziokulturelle Umfeld sowie das Ausmass externer Unterstützung (vorzugsweise durch Philanthropie oder private Unternehmen).
Noch etwas anderes stellte Alexander Betts klar: In den westlichen Gesellschaften werden die Flüchtlingsströme oft als ein Problem zwischen reichen und armen Ländern, zwischen dem Norden und dem Süden wahrgenommen. Das ist falsch: 85% der weltweiten Flüchtlinge leben in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Menschen, die per Boot nach Europa kommen, sind in den weltweiten Flüchtlingsbewegungen nur eine kleine Minderheit.