Wettbewerb in einem System mit regulierten Preisen kann nur effizient funktionieren, wenn vergleichbare Leistungen auch vergleichbar vergütet werden. Seit 2012 werden stationäre Spitalaufenthalte mittels Fallpauschalen finanziert, die in der ganzen Schweiz nach einer einheitlichen Struktur definiert sind. Zusätzlich dürfen die Kantone zur Sicherstellung der Forschung und der universitären Lehre sowie zur Aufrechterhaltung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen Gründen gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL) ausrichten. Aufgrund der sehr unterschiedlichen und zum Teil intransparenten Handhabung von GWL ist die Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb zwischen den Spitälern nicht erfüllt. Der Verwendungszweck und die Höhe der ausbezahlten Kantonsbeiträge sollte deshalb offengelegt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Zweckmässigkeit überprüfen

Idealerweise würde das Parlament im Rahmen der kantonalen Budgetdebatte über diese Ausgaben befinden. Dadurch wären Bürger und Politiker in der Lage, deren Zweckmässigkeit kritisch zu überprüfen und zu hinterfragen. Zweckmässig sind GWL primär dann, wenn sie positive Externalitäten abgelten oder ein Marktversagen beseitigen. Eine solche Externalität, die der ganzen Bevölkerung Nutzen stiftet, wäre etwa die Ausbildung von Ärzten. Ein Beispiel für die Beseitigung eines Marktversagens wäre der Unterhalt einer Notfallstation abseits von Ballungszentren, wo die Anzahl der Notfälle starken saisonalen Schwankungen unterliegt wie in den Berggebieten. Die dafür nötigen Infrastrukturen können deshalb nicht über das ganze Jahr selbsttragend finanziert werden.

Besteht weder eine Externalität noch ein Marktversagen oder kann kein eindeutiger Verwendungszweck nachgewiesen werden (wie dies 2017 im Kanton Neuenburg der Fall war), so sind GWL nichts anderes als versteckte staatliche Beihilfen und gehören gestrichen. Nur so kann ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden – auch über die Kantonsgrenzen hinaus.

GWL ausschreiben

In der Schweiz wurden 2015 GWL im Gesamtumfang von 1,8 Mrd. Fr. ausbezahlt; wobei die Kantone sehr unterschiedliche Ausschüttungspraxen ausüben (vgl. Abbildung). Viele der von den Kantonen bestellten GWL liegen zwar unterhalb des Schwellenwerts für WTO-Ausschreibungen von 230‘000 Fr., einige liegen aber auch deutlich darüber. Allerdings sind GWL grundsätzlich von der WTO-Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung ausgenommen.

Es steht den Kantonen jedoch frei, alle oder einzelne gemeinwirtschaftliche Leistungen möglichst in regelmässigen Abständen (z.B. alle fünf Jahre) auszuschreiben. In einem solchen Prozess würde zugleich die Forderung nach Transparenz erfüllt, denn die zu beschaffenden Leistungen müssten definiert werden. Zudem können die Kantone mit Ausschreibungen einen (lokalen) Marktpreis für die bestellte Leistung ermitteln und allfälligen Vorwürfen wegen versteckter Subventionierung von bestimmten Spitälern entgegentreten. Es entstünden neue Geschäftsmodelle oder andere Innovationen, und spezialisierte Organisationen kämen als mögliche neue Anbieter von GWL ins Spiel.

Das «Was» und nicht das «Wie»

Ausschreibungen sind offen zu formulieren: Es sollte zum Beispiel nicht der Betrieb einer Notfallaufnahme im Spital Davos mit 50 Vollzeitstellen und vorgegebenen Ausbildungsprofilen ausgeschrieben werden. Dafür würden kaum externe Angebote eingehen. Vielmehr sollten Ausschreibungen «technologieneutral» erfolgen. So wäre in obigem Beispiel etwa die Notfallversorgung innert 20 Minuten für 98% der Bevölkerung im Prättigau auszuschreiben. Echte Alternative zu den etablierten Strukturen, z.B. durch ein Netzwerk von Arztpraxen, Apotheken, Telemedizin und Helikopterdiensten, erhielten eine Chance.

Bei Ausschreibungen soll letztlich die Dienstleistung – das «Was» – und nicht die Art der Leistungserbringung – das «Wie» – vorgegeben werden. Solche Kooperationen zwischen den öffentlichrechtlichen und/oder privatrechtlichen Anbietern bieten nicht nur die Möglichkeit, Kosten zu senken, sondern auch, dem akuten Fachkräftemangel in manchen Regionen zu begegnen.

Natürlich können komplexe und kostenintensive Infrastrukturen nicht über Nacht entstehen. Es wird wohl kein Konkurrent auf Vorrat Leistungen bereitstellen, solange die Finanzierung nicht sichergestellt ist. Genügend Vorlaufzeit zwischen dem Zeitpunkt der Ausschreibung und dem Inkrafttreten des Leistungsauftrags ist nötig, damit der Gewinner der Ausschreibung allfällige Infrastrukturen erstellen und das nötige Personal rekrutieren. bzw. vom bisherigen Leistungserbringer übernehmen kann.

Gute Erfahrungen mit Ausschreibungen

Denkbar ist natürlich, dass sich ausser dem bisherigen Anbieter niemand an der Ausschreibung beteiligen will. Gerade bei ressourcenintensiven Aufgaben besteht dieses Risiko. Doch dieses Problem kennt man auch in anderen Infrastrukturbranchen. Dennoch werden regelmässig Versorgungsaufträge ausgeschrieben.

So muss im Telekommunikationsbereich die Konzession für die Grundversorgung gemäss dem Fernmeldegesetz (Art. 14 FMG) alle fünf Jahre neu ausgeschrieben werden. Solange sich niemand anders dafür bewirbt, wird die Konzession automatisch der Swisscom erteilt.

Selbst wenn also die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass sich ein neuer Anbieter für eine Konzession bewirbt, ist die Ausschreibungspflicht sinnvoll. Sie wirkt wie ein Damoklesschwert auf den bisherigen Anbieter und schafft Anreize, die Leistungen und die Kostenstruktur stets zu verbessern, um potenzielle Mitbewerber möglichst von einer Teilnahme an der nächsten Ausschreibung abzuhalten. Auch nur mit einem einzigen Bewerber wirken Ausschreibungen deshalb positiv auf das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Weiterführende Informationen finden Sie in der Publikation «Gesunde Spitalpolitik».