Frauen und Männer wählen oft unterschiedliche Berufe oder Branchen. Mitarbeitende in Kinderkrippen sind beispielsweise laut Statistik zu 98% Frauen, während die SBB 2014 nur 83 Lokführerinnen beschäftigte – und 2428 Lokführer. Allgemein sind Frauen in den Bereichen Gesundheit, soziale Arbeit und Lehrtätigkeit deutlich übervertreten, während sie den technischen Disziplinen mehrheitlich fernbleiben (siehe Abbildung).

Handfeste ökonomische Gründe

In den Medien werden dazu meistens soziologische Erklärungen gegeben, wie die fehlenden Vorbilder oder die Last der Tradition. Doch es gibt auch handfeste ökonomische Gründe: Eine wichtige Ursache für diese berufliche Geschlechtersegregation liegt in den Erwartungen der jungen Leute in Bezug auf ihr zukünftiges Verhalten auf dem Arbeitsmarkt. Wer von einer diskontinuierlichen Laufbahn ausgeht – nicht zuletzt aus erwarteten familiären Pflichten – wird eher einen Beruf wählen, in dem Unterbrechungen weniger Einkommenseinbussen verursachen oder die gelernten Kompetenzen weniger schnell abgeschrieben werden. Tätigkeiten, die geringere Arbeitspensen zulassen oder grössere Planbarkeit bieten, sind für diese Personengruppen besonders attraktiv. Überlegungen dieser Art können empirisch nachgewiesen werden. So hat eine Studie für die Schweiz festgestellt, dass Vorstellungen zu Elternschaft und Familie schon in den Berufswahlprozess von Jugendlichen im Alter von 16 Jahren einfliessen. Vor allem Mädchen berücksichtigen dies, indem sie von vornherein einen «frauentypischen» Beruf wählen. Mit der zunehmenden Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt steigt der Wettbewerb in diesen Branchen. Das wirkt sich entsprechend auf die Löhne aus.

Kosten-Nutzen-Abwägung

Die Sorgen um die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere beeinflussen jedoch nicht nur die Wahl der Erstausbildung. Auch wenn ein Entscheid für oder gegen eine Weiterqualifikation ansteht, nehmen Berufspersonen eine Kosten-Nutzen-Abwägung vor. In Anbetracht unterschiedlicher Erwerbsbiografien und diskontinuierlicherer Karrieren profitieren Frauen weniger von Weiterbildung als Männer. Deshalb verzichten weibliche Berufstätige eher auf entsprechende Investitionen in die Zukunft. Auch diesbezüglich stützt die Statistik den Befund. Sie zeigt, dass Frauen weniger nicht-formale Qualifikationen wie Kurse, Konferenzen, Seminare oder Privatunterricht absolvieren und von den Unternehmen seltener finanziell dafür unterstützt werden. Das Ergebnis dieser Ausleseprozesse ist bekannt: Frauen akkumulieren nicht so viele lohnrelevante Qualifikationen, und ihre Karriere schreitet auch deshalb oft langsamer voran.

Massnahmen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Karriere ermöglichen – wie sie Avenir Suisse vor kurzem präsentiert hat –, würden nicht nur die Frauen in ihren beruflichen Ambitionen besser unterstützen. Sie würden auch dazu beitragen, die verbleibenden Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen zu schliessen und einen Effekt auf die Wahl des Berufes ausüben.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in der Publikation «Gleichstellung – Warum der Arbeitsmarkt nicht versagt»