Demnächst erscheint bei NZZ Libro das von Prof. Philipp Bagus (Universidad Rey Juan Carlos, Madrid) und Avenir-Suisse-Direktor Gerhard Schwarz herausgegebene Buch «Die Entstaatlichung des Geldes». In seinem Vorwort, das wir hier gekürzt und leicht redigiert wiedergeben, macht sich Gerhard Schwarz unter dem Titel «Wer das Geld regiert, regiert die Welt» einige Gedanken zum Verhältnis von Geld, Politik und Staat.
«Geld regiert die Welt» lautet ein geflügeltes Wort. Manchmal ist gar vom Geld als Gott die Rede oder, bei Papst Franziskus, vom Geld als Fetisch. Meist ist die Konnotation eher negativ. In der seit Jahren schwelenden Finanzkrise erhält die Aussage, dass Geld die Welt regiert, eine leicht andere Note. Sie meint nicht zuletzt, dass nicht die Politik die Welt regiert, sondern es sind die Märkte, die die Welt regieren, zumal die Finanzmärkte und die «bösen» Akteure auf diesen Märkten; die Finanzinvestoren, Hedge-Fonds- Betreiber, Private-Equity-Manager und Spekulanten. Das Geld steht hier als Symbol für diese Märkte und zugleich als deren Schmiermittel. Dass letztlich einige allgemeingültige Gesetze der Ökonomie die Welt regieren, von niemandem geschaffen, sondern lediglich Ausdruck des menschlichen Verhaltens und der menschlichen Natur, wird zumeist vergessen oder verdrängt.
Zentrale Rolle der Notenbanken
Erstaunlich ist, wie wenig die Zivilisationskritiker und die Kritiker der Märkte darüber reflektieren, wer denn das Geld regiert. Denn wenn Geld die Welt regiert, dann regieren doch jene, die das Geld regieren, erst recht die Welt; das sind in der heutigen Welt die nationalen oder supranationalen Notenbanken, die für ihr Territorium ein Monopol besitzen, vom Staat bestellt werden und mehr oder weniger Unabhängigkeit von diesem geniessen. Dann müsste man sich also, statt nur über die Märkte zu fluchen, die Frage stellen, welche Rolle diese Notenbanken nicht nur bei der Bewältigung der Finanzkrise gespielt haben, sondern auch bei deren Auslösung. Und man müsste sich dann auch fragen, ob so viel Macht in der Hand einer Institution – und indirekt in unterschiedlichem Ausmass eben doch in der Hand der Politik – nicht viel zu gefährlich ist, ob nicht auch hier das Heil in privatem Wettbewerb statt in einem staatlichen Monopol zu suchen wäre.
Zwar hat die Finanzkrise doch einige Gewissheiten ins Wanken gebracht, aber so richtig angekommen scheint diese Kritik noch nicht zu sein. Jedenfalls ist in der öffentlichen Debatte in Europa der Ruf nach einer Geldpolitik, die alle möglichen Partikularinteressen bedient – von Wirtschaftszweigen, von Ländern, von Bevölkerungsgruppen – und die den Glauben an die Steuerbarkeit der Wirtschaft bedient, enorm gross. Dementsprechend wird weitergewurstelt wie bisher.
Die Geldverfassung überdenken
Dabei müsste doch, wenn Geld so wichtig ist, fundamental über die Geldverfassung nachgedacht werden, über die Frage, wer Geld schaffen und ausgeben kann, in welcher Form und Menge es ausgegeben werden soll und unter welchen Bedingungen und Kontrollen dies geschehen darf. An Möglichkeiten mangelt es nicht:
- Die «Entstaatlichung» kann die relativ milde Form der Bindung von zwar unabhängigen, aber gleichwohl staatlichen Notenbanken an strenge Regeln annehmen.
- Eine andere Form von «Entstaatlichung» ist die Entnationalisierung durch eine Gemeinschaftswährung auf höherer Ebene. Das könnte jedenfalls tendenziell den Einfluss der nationalen Politik eindämmen.
- Die radikalste und einzig veritable Entstaatlichung bleibt aber die völlige Privatisierung und Entmonopolisierung der Ausgabe und Schöpfung von Geld.
Die «richtige Geldverfassung» ist ein zentrales, in seiner Bedeutung weitgehend unterschätztes Thema. Wer das Geld regiert, regiert die Welt. Liberale werden daher alles daran setzen, dass die Macht jener, die Geld schaffen und emittieren, eng begrenzt bleibt. Über die besten Wege dieser Machtkontrolle wird es immer Diskussionen geben. Ob strenge verfassungsmässige Regeln, die Bindung an Gold oder andere Edelmetalle, der Wettbewerb zwischen vielen staatlichen Notenbanken, der Wettbewerb zwischen privaten Banken, die selbst Geld ausgeben oder so manche andere Vorschläge – was alle Ideen vereint, ist der Wille zur «Entmachtung» (Franz Böhm). Denn die Marktwirtschaft ist das genialste Entmachtungsinstrument der Geschichte. Und Entmachtung ist eines der grossen Anliegen aller liberal und marktwirtschaftlich Denkenden, auch in der Geldpolitik – ja angesichts ihrer Bedeutung dort sogar erst recht.