Welches ist der beste Tipp, um in Genf Geld zu sparen? Niemals umziehen. Gemäss den Daten des kantonalen Statistikamtes (Ocstat) sind die durchschnittlichen Mieten für Wohnungen, die von ihren Mietern weniger als drei Jahre bewohnt werden, um circa 70% höher als die Mieten vergleichbarer Wohnungen, die seit über 20 Jahren vermietet sind. Mit anderen Worten: Für jedes in der gleichen Wohnung verbrachte Jahr weicht die Miete um 2,7% von der Marktmiete ab.

«Lock-in» durch Mietrecht

Diese Immobilitätsprämie nennen Ökonomen «lock-in». Sie ist kein reines Genfer Phänomen, sondern kann in allen grossen Schweizer Städten beobachtet werden. Unterschiedlich ist bloss ihr Umfang. Die Immobilitätsprämie ist eine direkte Folge des Mietrechts, das Anpassungen der Mieten während des Mietverhältnisses strikt an eine Veränderung der Hypothekarzinsen bindet – was in Perioden mit einer grossen Wohnungsnachfrage und Nullzinsen aus ökonomischer Sicht widersinnig ist.

Genf hat insbesondere im Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation (LTDR) das Schweizer Mietrecht «perfektioniert», indem es Mechanismen schwächte, die andernorts als Ventil für Entwicklungen im lokalen Wohnungsmarkt dienen. Das LDTR soll Mieter davor schützen, nach Renovationsarbeiten mit Mietzinserhöhungen konfrontiert zu werden. In der Realität verhindert es aber Renovationen, fördert den Verfall von Mietflächen, verführt zu Basteleien und hemmt die Mobilität privater Haushalte.

Nur Mutigen oder Gutsituierten zu empfehlen: Zügeln in Genf. (Wikimedia commons)

Politisch feiert das LDTR Erfolge. So findet es in anderen Westschweizer Kantonen und in Basel Anhänger. Für langjährige Mieter, sofern sie hinsichtlich der Qualität ihrer Wohnstätte zu Kompromissen bereit sind, ist dieses Gesetz natürlich ein Glücksfall.

Es profitieren aber nur die Alteingesessenen: Für Studenten, Mobile, Migranten und junge Familien gilt etwas anderes. Weil die Alteingesessenen sich selbst dann nicht bewegen, wenn ihre Wohnungen nicht mehr mit ihren Bedürfnissen übereinstimmen, sind die angebotenen Wohnungen in der Stadt rar. So vergeudet Genf wertvolle Ressourcen und weist eine ähnliche Rotationsquote auf wie die ländlichen Kantone Jura und Obwalden. Da sie keine Wohnungen findet, lebt die Genfer Mittelschicht beengt (seit 2010 ist die Zahl der Haushalte unverändert, obwohl die Bevölkerungszahl um 5% gestiegen ist) oder wandert aus (50’000 Genfer leben auf der französischen Seite der Grenze). Dies fördert nicht die soziale Durchmischung. Von allen Schweizer Agglomerationen weist die Genfer deshalb die höchste soziale Segregation auf.

Je mehr Genossenschaften, desto stärker die Knappheit

Jüngst hat die Bautätigkeit dank der Deblockierung von einigen Grossprojekten wiedereingesetzt. Zudem wurde der Wohnungsmarkt durch den Konjunkturabschwung infolge der Bankenkrise (das BIP pro Einwohner nimmt seit 2010 ab) etwas abgekühlt. Die Mieten neu eingegangener Mietverhältnisse stagnieren deshalb auf hohem Niveau. Aber sobald die Zinsen wieder steigen oder sich die Konjunktur verbessern sollte, trocknet der Markt von Neuem aus.

Die Genfer Politlandschaft – selbst sehr, um nicht zu sagen, zu sehr in diese Problematik verstrickt – ist weit von einer Lösung des Problems entfernt. Für den Kampf gegen die ewige Knappheit ist sie zu verworren. 2014 wurden Vorschriften über die minimale bauliche Dichte in der Villenzone erlassen; jüngst ging es um die Förderung von Genossenschaften. Nun sind das aber nur Notlösungen: Es stehen bereits 5000 Haushalte mehr auf den Wartelisten der Genfer Genossenschaften, als es Wohnungen im Angebot gibt. Und eine bauliche Verdichtung des Einfamilienhausgürtels wird gebremst durch die vom Kanton plafonierten Landpreise.

Eines Tages sollten die Genfer den Boden als rares Gut akzeptieren, denn jede Vergeudung bewirkt eine ganze Reihe ungewollter Effekte. Für ein qualitativ besseres Immobilienangebot sind die Lockerung des LDTR bei Renovationen unumgänglich. Soziale Erleichterungen können auch über gezielte Unterstützungen für Personen und über das Steuersystem gewährt werden. Das wäre effizienter und gerechter.

Dieser Beitrag wurde erstmals in der Publikation «Einzigartige Dynamik des Arc lémanique» publiziert.