Die Schweiz steht mit einer Schuldenquote von unter 40% des Bruttoinlandprodukts (BIP) im internationalen Vergleich ausserordentlich gut da. Diese solide Position ist nicht zuletzt das Ergebnis einer konsequenten Anwendung der 2003 eingeführten Schuldenbremse. Diese erfasst jedoch die Sozialversicherungen nicht – und genau hier lauert in der langen Frist ein Problem.

Schuldenberge am Horizont

Seit dem zweiten Weltkrieg ist der Ausbau des Schweizer Sozialstaats rasch vorangeschritten. Die Sozialausgabenquote hat sich von 7,6% des BIP im Jahr 1950 auf 26,4% im Jahr 2008 mehr als verdreifacht. Sie liegt heute im europäischen Durchschnitt. Die ständig steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig niedriger Geburtenrate und in Zukunft entsprechend stagnierender Erwerbsbevölkerung stellt die Finanzierung der Sozialversicherungen und besonders der Altersvorsorge vor immer grössere Herausforderungen.

Der Handlungsbedarf ist zwar seit Jahren bekannt, doch sind Anpassungen bei den Leistungen politisch nur schwer und höchstens sehr langfristig durchsetzbar. In der Regel beharren die Leistungsempfänger auf ihren gesetzlich garantierten Ansprüchen. Gleichzeitig sind in einer globalisierten Welt mit intensivem internationalem Standortwettbewerb jeder Erhöhung der Zwangsabgaben enge Grenzen gesetzt. Die Schweizer Sozialversicherungsbeiträge sind seit 1948 von 4,0% auf 12,5% des Bruttolohns gestiegen. Seit 1995 wurde die Mehrwertsteuer um 1,5% erhöht – 1,4% dienten der Finanzierung der Sozialwerke. Diese Massnahmen werden nicht ausreichen, um die sich abzeichnende finanzielle Schieflage z.B. in der AHV zu bewältigen.

Andere Ausgabenposten werden aus dem Budget verdrängt

In der konsolidierten Betrachtung von Bund, Kantonen, Gemeinden und den staatlichen Sozialversicherungen (AHV, IV, ALV und EO) wurden im Jahr 1990 rund 43% aller – grösstenteils gesetzlich gebundenen – Ausgaben in den Bereichen soziale Wohlfahrt und Gesundheitswesen getätigt. Bis ins Jahr 2007 ist dieser Anteil auf 53% gestiegen. Hält dieser Trend an, wären es 2020 bereits 63% aller Ausgaben.

Dieses überproportionale Wachstum der Aufwendungen für die Sozialwerke hat zur Folge, dass andere Aufgabengebiete – besonders die aus wachstumspolitischer Sicht wichtigen Bereiche Bildung und Infrastruktur – zunehmend zurückgedrängt werden.

Wenn die Schuldenbremse für einen immer kleineren Teil des Haushalts gilt, wird auch ihre Effektivität zur Begrenzung der gesamten staatlichen Verschuldung laufend abnehmen.

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Am 1. Dezember erscheint der nächste Artikel aus dieser Reihe.