Analysen der Schweizer Geldpolitik der späten 1970er Jahre zeigen, dass einerseits mit der damaligen Festlegung des Wechselkursziels die beabsichtigte Schwächung des Frankens gelang und deflationäre Risiken abgewehrt wurden, anderseits aber die Grundlage für eine starke Konjunkturerholung und einen ebenso starken Inflationsauftrieb geschaffen wurde. Als Fehler der damaligen Politik gelten erstens die zu späte Eliminierung des Liquiditätsüberhangs und zweitens der zu späte Übergang zu einer restriktiven, der erstarkenden Konjunktur Rechnung tragenden und mit höheren Zinsen verbundenen Geldpolitik.
Es gibt keine Zauberformel
Die Analysen betonen aber auch ein Dilemma, das ein adäquates Timing schwierig und das Zögern der Verantwortlichen verständlich macht: Man weiss nicht, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) bei frühzeitigerer Abschöpfung des monetären Überhangs nicht neue, mit Aufwertungsschüben verbundene Währungsturbulenzen ausgelöst und sich damit um die Früchte ihres Erfolgs gebracht hätte.
Es gibt keine Zauberformel und keinen alle andern überragenden Indikator, der den richtigen Ausstiegszeitpunkt ankündigt. Sicher ist es nicht die am Konsumentenpreisniveau gemessene Inflationsrate; sie reagiert mit einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren auf eine geldpolitische Kehrtwende. Man muss sich wahrscheinlich auf pragmatische Weise auf mehrere Indikatoren abstützen. Zusätzlich zur tatsächlichen Entwicklung des Frankenkurses bieten sich an:
- Finanzmarkt-Kennzahlen, die auf ein nachhaltiges Abklingen von Spannungen bzw. eine sinkende Risikoaversion hinweisen wie Volatilitätsindices, Bonitätsspreads, Credit Default Swaps und Zinskurven
- Indikatoren, die das konjunkturneutrale Zinsniveau zeigen wie beispielsweise die Taylor-Rule. Ihre Anwendung hätte die amerikanische Wirtschaft vor grossem Schaden bewahrt.
- Parameter, die ein Abflauen deflationärer Tendenzen ankündigen, z. B. sich stabilisierende bzw. wieder steigende Importpreisindizes und eine verbesserte Konsumentenstimmung
- Zahlen, die den Übergang der Konjunktur von der Kontraktions- in die Wachstumsphase signalisieren. Darunter fallen die vorlaufenden Konjunkturindikatoren und die Verringerung der Produktionslücke (outputgap).
Unabhängigkeit von Politikern und Interessenvertretern
Solche Indikatoren können Entscheidungshilfe bieten. Letztlich hängt aber der eigentliche Entscheid von der Intuition und Entschlossenheit der Währungshüter in einem vermutlich immer noch unsicheren Umfeld ab. Auch den Exit-Entscheid, also die Aufhebung der offiziellen Franken-Untergrenze, müssen sie in völliger Unabhängigkeit von Politik und Interessenvertretern fällen können. Das wird wichtig sein, weil die derzeit bemerkenswert breite Pro-SNB-Koalition bei einer Straffung der geldpolitischen Zügel und dem damit verbundenen Zinsanstieg bald einmal bröckeln dürfte.