Wie kann der Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Industrie verbessert werden, zumal es nicht zu den eigentlichen Aufgaben von Hochschulen gehört, selbst praxisrelevante Innovationen zu liefern? 

Die Schweiz ist ein innovationsstarkes Land. Dies wird regelmässig von internationalen Innovationsrankings (z.B. dem Global Innovation Index) bestätigt. Ein Faktor, der zur Erklärung dieses erfreulichen Resultats beiträgt, ist die relativ enge Vernetzung der schweizerischen Hochschulen mit der Industrie. Dabei gilt eine Arbeitsteilung: Der Beitrag der Hochschulen zur Innovation liegt in der langfristig ausgerichteten Grundlagenforschung, die ein Fundament für Innovationen in der Industrie schaffen soll. Mit anderen Worten: es gehört nicht zu den eigentlichen Aufgaben von Hochschulen, selbst praxisrelevante Innovationen zu liefern. Diese Aufgabenteilung ist sinnvoll, verlangt aber eine kluge Antwort auf die schwierige und in vielen Ländern diskutierte Frage nach der optimalen Ausgestaltung des Wissenstransferprozesses. Dieser wird durch die  unterschiedliche ökonomische Logik der Hochschulen und der Industrieunternehmen erschwert. Während Hochschulen zu einer möglichst breiten und kostenlosen Wissensdiffusion beitragen sollen (diese ist ihre «raison d’être»), sind der exklusive Anspruch auf Wissen und der damit verbundene Schutz vor Imitationen wichtige Voraussetzungen für die Investitionsbereitschaft der Industrie. Auch mag nicht immer klar sein, welche Forschungsergebnisse – oder auch Forschungsmethoden – für die Industrie effektiv von Interesse sind. Hier klafft die Wahrnehmung der akademischen Welt und der Industrie unter Umständen auseinander.

Firmenneugründungen OECD-Vergleich

Politik, Wirtschaft und Hochschulen diskutieren seit langem, wie der Wissenstransferprozess zwischen Hochschulen und der Industrie verbessert werden kann. An Vorschlägen mangelt es nicht. Vielfach wird gefordert, Hochschulen müssten sich mehr wie private Unternehmen verhalten und vermehrt mit den Instrumenten der Patentierung und Lizensierung arbeiten. Dadurch würde die Voraussetzung für eine exklusive Verwendung von Wissen geschaffen, was Investitionssicherheit für die Unternehmen bewirkte. Zudem könnten auf der Basis solcher Patente und Lizenzen akademische «Spin-offs» gegründet werden. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang das Beispiel des «Bayh-Dole Act» aus dem Jahre 1980, der den amerikanischen Hochschulen die Möglichkeit gibt, Forschungsergebnisse im Rahmen staatlicher Förderung selbst zu beanspruchen und zu vermarkten. Wurde  der «Bayh-Dole Act» lange Zeit als eine erfolgreiche Gesetzgebung gefeiert, die die Gründung von neuen Unternehmen stark gefördert habe, werden seine Effekte heute um einiges kritischer beurteilt. Das fundamentale Problem mit dem Instrument der Patentierung und Lizenzierung bleibt letztlich jedoch immer dasselbe: Eine solche Strategie steht dem Ziel der Produktion von offen zugänglichem Wissen diametral entgegen. Kann auf akademische Forschungsergebnisse nicht mehr frei zugegriffen werden, weil exklusive Patente bestehen und Lizenzgebühren prohibitiv wirken, besteht das Risiko einer massiven Behinderung der Produktion von Wissen an den Hochschulen.

Weniger weit geht der Vorschlag, an den Hochschulen sogenannte Technologietransferstellen (TTS) einzuführen. An vielen Hochschulen wurde dieser Vorschlag bereits umgesetzt. TTS sind Schnittstellen im Wissenstransferprozess zwischen den Hochschulen und der Industrie: Sie sollen als Ansprechpartner, Kontaktvermittler und Berater den Wissenstransferprozess unterstützen. Doch so sehr TTS ihre Berechtigung haben, können – je nach konkreter Ausgestaltung – gewisse «Principal-Agent-Probleme» nicht ausgeschlossen werden. Vor allem stellt sich die Frage, welche Interessen TTS genau vertreten: jene der Forscher, jene der Industrie oder allenfalls ihre eigenen? So ist es etwa mit dem blossen «Verkauf» von Forschungsergebnissen nicht getan – der direkte Rückfluss von Informationen aus der Industrie an die Forscher kann für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ebenso entscheidend sein. Eine weitere international diskutierte Idee, wie die Hochschulen und die Industrie näher zusammengebracht werden könnten, ist die Einrichtung von «Science Parks». Pate steht bei solchen Projekten meist der erfolgreiche «Stanford Science Park» im Silicon Valley. An Versuchen, dieses Modell zu kopieren, fehlt es nicht. Ebenso zahlreich sind jedoch die Misserfolge. Die sehr speziellen Bedingungen des Silicon Valley lassen sich (leider) nicht einfach an einem x-beliebigen Ort reproduzieren.

Die Schweiz leistet sich zudem mit der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) eine bundeseigene Agentur, die die anwendungsorientierte Forschung und das Jungunternehmertum fördern will. Dagegen ist sicherlich nichts einzuwenden, auch wenn eine solche Agentur natürlich nicht weniger anfällig für «Prinicipal-Agent-Probleme» ist als die TTS. Ordnungspolitisch ist bei der konkreten Ausgestaltung einer solchen Agentur überdies grösstes Augenmerk darauf zu legen, dass die Mitnahmeeffekte auf tiefst möglichem Niveau gehalten werden. Ob das KTI insgesamt eine Erfolgsgeschichte darstellt, soll an dieser Stelle nicht zur Diskussion gestellt werden. In einer Dimension zumindest, scheint auch das KTI keine spürbaren Impulse setzten zu können: So liegt die Unternehmensgründungsquote in der Schweiz auch heute noch weit unter dem OECD-Durchschnitt (vgl. Abb.).

Ein sicheres und erfolgversprechendes Rezept, wie der Wissenstransfer zwischen den Hochschulen und der Industrie optimiert werden kann, scheint es somit nicht zu geben. Welche Mechanismen in welcher Kombination das beste Resultat liefern, ist immer auch von lokalen Umständen und Gegebenheiten abhängig. Vielleicht werden aber diese Mechanismen in der politischen Diskussion sowieso überschätzt. So kommen amerikanische Studien zum Schluss, der wichtigste Kommunikationskanal zwischen den Hochschulen und der Industrie seien akademische Publikationen, ferner Konferenzen und persönliche Kontakte.