«Der Krieg ist eine zu ernste Angelegenheit, als dass man ihn den Militärs überlassen könnte», erkannte Clemenceau. Heute würde gelten: Der Service public ist ein zu wichtiges Gut, als dass man ihn der SRG-Direktion überlassen könnte. Denn diese hat kürzlich verlauten lassen, das Budget für französischsprachige Sendungen mit geistlichem und religiösem Inhalt 2017 um die Hälfte zu kürzen. Die Ankündigung erfolgte vier Tage nach den Attentaten in Paris vom 13. November, die uns daran erinnert haben, wie stark Religion und Spiritualität unser tägliches Leben beeinflussen – im Guten wie im Schlechten. In einer komplexen, gewalttätigen Welt, die durch angeblich religiöse Konflikte und Spannungen aufgewühlt wird, braucht es qualitativ hochwertige Sendungen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Sie bilden offenkundig den Kern des Service public.

Typischer Service-public-Content

Die Qualität der Sendungen zu Religion und Spiritualität wird nicht in Frage gestellt: Die Journalisten und Partner der SRG haben ihre Kompetenz im Rahmen der gemeinsamen Produktionszelle «RTSreligion» mehr als bewiesen. Die vom Fallbeil der Sparmassnahmen bedrohten Sendungen sind seit langem von jeglichem parochialen Bekehrungseifer befreit und informieren umfassend über Religion und Spiritualität.

Aus ökonomischer Sicht ist die Zusammenarbeit zwischen der SRG und spezialisierten Agenturen für die gemeinsame Produktion religiöser Sendungen ein hervorragendes Beispiel für Effizienz. Mehr noch, sie trägt zur Verbreitung von Inhalten bei, die mangels wirtschaftlichen Potenzials durch den privaten Medienmarkt nicht oder nur schwer zugänglich gemacht werden können. In solchen Bereichen erfüllt der mittels Abgaben finanzierte Service public seinen Auftrag.

Warum also diese Verbissenheit und kleinliche Budgetreduktion? Welche anderen Gründe rechtfertigen es, unter Programmen über Religion und Spiritualität die Falltüre zu öffnen? Sollen die Medien stillschweigend laizistischer gemacht werden? Die Erklärungen der SRG, die religiösen und spirituellen Themen könnten künftig «in anderen, allgemeineren Formaten zum Weltgeschehen und der Gesellschaft behandelt werden», um «sie dadurch einem breiteren Publikum verfügbar zu machen», überzeugen nicht. Dies entspricht einem bedauernswerten Bekenntnis der Angleichung nach unten: die Erhöhung der Zuschauerquoten soll durch die Verminderung der Aussagekraft von Sendeinhalten erkauft werden. Grundsätzlich zeigt dieses Vorgehen die Grenzen der aktuellen staatlichen Medienförderung deutlich auf.

@ Wikimedia Commons /Pedersen

Geld fliesst in den Strukturerhalt statt in Medieninhalte

Pro Jahr fliessen öffentliche Gelder in der Höhe von rund 1,3 Milliarden Franken in die Medien. Während sich Dutzende privater TV- und Radiostationen nur die Brosamen teilen (ca. 50 Mio. Franken), profitiert die SRG vom Löwenanteil der Abgaben (ca. 1,2 Mrd. Franken). Mit dem neuen RTVG erhält die SRG immer noch 94% (anstatt 96%) des Geldes. Zum Vergleich: Für die gedruckte Presse vermindert der Bund die Kosten des Postversandes mit einer mageren jährlichen Subvention von 50 Millionen Franken, die auf mehr als 1100 Herausgeber verteilt wird. Dieses System ist ineffizient und anachronistisch. Die zunehmende Konvergenz der Medien lässt Systeme veralten, die nur einen Kanal für Informationen besonders unterstützen. Der wahre Service public besteht aus Inhalten – und nicht aus der Art und Weise, wie diese verbreitet werden. Folglich sind es auch die Inhalte, die direkt subventioniert werden müssen.

Sendungen mit religiösen und spirituellen Inhalten fallen ganzheitlich in den Definitionsbereich eines Service public, der seine Verantwortung wahrnimmt. Sie verdienen es, verteidigt, bewahrt und gefördert zu werden. Ihr Erhalt, ihre Verbreitung und Entwicklung hängen aktuell jedoch von einem Entscheid der SRG-Technostruktur ab (die sich, wie es scheint, bevorzugt an ihren Ressourcen für andere Sendungen orientieren möchte).

Die direkte finanzielle Unterstützung von Sendungen und Produktionen wäre jedoch sicherer und effizienter. Andere Länder, zum Beispiel Neuseeland, haben diesen Weg bereits gewählt (siehe Avenir Suisse, «Medienförderung im modernen Zeitalter», 2014).

Wie könnte das funktionieren? Ganz einfach: Die Aufträge für Inhalte des Service public werden öffentlich ausgeschrieben. Die Kommission, die über den Zuschlag entscheidet, könnte – in modernisierter Form – aus den bereits bestehenden regionalen SRG-Institutionen hervorgehen. Der Produzent, der den Zuschlag erhalten hat, würde einen Produktionsauftrag über drei bis fünf Jahre erhalten. Durch eine Sendepflicht auf den weiterhin mittels Abgaben finanzierten Sendekanälen könnte man die Verbreitung der Inhalte verstärken.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Wettbewerb bei Sendeinhalten und Ideen garantiert Qualität: Die direkte Subventionierung von Service-public-Produktionen ist besser als die Subventionierung von Strukturen. Inhalte sollten direkt unterstützt werden, ohne einen spezifischen Verbreitungskanal zu bevorzugen. Es ist an der Zeit, dass der Medien-Service public effizienter, bürgernäher und moderner gestaltet wird.