Mitte Februar gab das Bundesamt für Statistik einen neuen Rekord bekannt. 206 Milliarden Franken wurden 2020 für die soziale Sicherheit in der Schweiz ausgegeben, 20 Milliarden mehr als ein Jahr zuvor. Drei Viertel dieses Anstiegs entfielen auf die Arbeitslosenversicherung. Während der Covidkrise wurde der Kreis der Begünstigten bei Kurzarbeit (KAE) erweitert, die Formalitäten wurden vereinfacht und die Leistungen für Geringverdiener erhöht.

Der extensive Einsatz von KAE und Härtefallhilfe hat sich positiv auf die Beschäftigungslage ausgewirkt. Laut Avenir Suisse konnten dadurch 120’000 Arbeitsplätze gerettet werden, und die Zahl der Konkurse im Jahr 2020 war niedriger als vor der Krise.

Ein ewiges Provisorium?

«Eine aussergewöhnliche Situation erfordert aussergewöhnliche Massnahmen», wurde uns immer wieder gesagt, um diese Grosszügigkeit zu rechtfertigen.

Doch nun ist Schluss mit aussergewöhnlich: Der Bundesrat hat alle Gesundheitsmassnahmen aufgehoben, mit Ausnahme der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das politische Drängen auf eine Rückkehr zur Normalität in gesundheitlichen Belangen fand in der Gewährung von Zuschüssen keinen Niederschlag. Die Sonderregelung für KAE wurde verlängert und das Parlament stimmte am 1. März für einen Kredit in Höhe von 3,4 Milliarden Franken zur Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Stützmassnahmen.

Die Covidkrise stellt auch eine Zäsur in unserer sozialen Absicherung dar. Früher war die KAE vor allem ein Instrument zur Unterstützung der verarbeitenden Industrie wie der Maschinen- oder Uhrenproduktion. Während der Krise wurde der Dienstleistungssektor (Hotel- und Veranstaltungswesen und sogar Beratungsfirmen) neu zum Leistungsempfänger. Dies ist ein Präzedenzfall, den sich viele Arbeitgeber gemerkt haben werden: In aussergewöhnlichen Situationen springt der Staat ein. Die Bereitschaft, einen Notgroschen auf die Seite zu legen, wird abnehmen, was die Widerstandsfähigkeit unserer Wirtschaft schwächt.

Trend vor Covid

Die Covidkrise ist nicht allein für den Anstieg der Sozialausgaben verantwortlich. Diese stiegen von 21% des BIP im Jahr 2000 auf 29% zwanzig Jahre später. Das hängt zum einen mit der Alterung der Bevölkerung und den damit verbundenen Ausgaben für die Renten, zum anderen mit dem Anstieg der Gesundheitskosten zusammen.

Während der Pandemie haben sich viele über eine Budgetpolitik beklagt, die unser Gesundheitssystem «kaputtgespart» habe. Die Zahlen widerspiegeln eine andere Realität: Die Gesundheitsausgaben pro Kopf sind in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 2,1% pro Jahr gestiegen. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Ärzte pro Kopf insgesamt um 14%, die des Pflegepersonals um 26%.

Dieser allgemeine Trend ist auch Ausdruck unseres Willens, das soziale Sicherheitsnetz ständig weiter auszubauen. In den letzten Jahren haben Volk und Parlament den Ausbau mehrerer Sozialversicherungen gutgeheissen: Überbrückungsrenten für Personen über 60 Jahre, obligatorischer Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub bei Adoption, finanzielle Unterstützung für pflegende Angehörige, um nur einige Beispiele zu nennen.

Zu viele Kaffees pro Tag

Es sind noch längst nicht alle Ansprüche erfüllt. Mehrere parlamentarische Initiativen fordern mehr: einen bezahlten Urlaub vor der Geburt, eine kollektive Finanzierung der Betreuung von Pflegebedürftigen, Ergänzungsleistungen für Familien und eine Übernahme der Kosten für Zahnbehandlungen.

Die Kosten für solche Initiativen scheinen immer geringfügig zu sein. Sie belaufen sich stets nur auf den berühmten «einen Kaffee pro Tag», den der gute Lobbyist anpreist: Er gibt nie einen Gesamtbetrag pro Jahr an, sondern teilt ihn durch 365 Tage und 8 Millionen Einwohner, um die Rechnung tief zu halten. Aber bei 4 Franken 30 pro Kaffee entsprechen die Sozialausgaben pro Kopf 15 Kaffees pro Tag. «Und dabei haben wir noch keinen Tropfen getrunken», wie man so schön sagt.

Keine falschen Prioritäten setzen

Anstatt neue Leistungen anzustreben oder ewige Provisorien aufrechtzuerhalten, muss die Politik den Fortbestand der Säulen unserer sozialen Sicherheit garantieren: Die AHV und die berufliche Vorsorge machen 60% der Sozialausgaben aus. Die Aufrechterhaltung des Rentenniveaus ist eine grosse Herausforderung, und die Rechnung schlägt bereits schwer zu Buche. Die Einführung einer dreizehnten AHV-Rente wäre verantwortungslos, wenn man bedenkt, dass nach 2030 nicht einmal mehr die Finanzierung der 1. Säule gesichert ist. Die Renten aller Versicherten der 2. Säule erhöhen zu wollen – auch derjenigen, die nicht von der in der BVG-Reform vorgesehenen Senkung des Umwandlungssatzes betroffen sind – ebenfalls. Es ist an der Zeit, die inflationären Tendenzen der sozialen Absicherung zu bremsen und das Erreichte dauerhaft zu sichern.

Dieser Beitrag ist in der Zeitschrift «Schweizer Personalvorsorge» vom März 2022 erschienen.