Der Altersquotient gibt das Verhältnis zwischen der Zahl der Erwerbstätigen und der Zahl der Rentner an. Er wird häufig zum Vergleich der demografischen Strukturen verschiedener Länder herangezogen. Internationale Organisationen wie z. B. die Weltbank und die OECD veröffentlichen diese Daten regelmässig.

Entsprechend dieser Kennzahl steigt die Belastung der Aktiven in der Schweiz stetig: 2019 kamen auf jeden Rentner 3,2 Erwerbstätige, fast halb so viele wie 1948 (6,3), als die AHV eingeführt wurde. Nach den jüngsten Prognosen des Bundesamts für Statistik wird sich diese Quote bis 2035 auf 2,4 Erwerbstätige pro Rentner verschlechtern.

Kennzahl mit begrenzter Aussagekraft und eingeschränkter Sichtweise

Während die mathematischen Werte dieses demografischen Indikators unbestritten sind, ist seine Aussagekraft an sich zu hinterfragen. Bei der Berechnung der Altersquotienten wird von einem Schwellenwert im Alter von 65 Jahren ausgegangen. Vor diesem Alter gilt eine Person als «aktiv». Sobald diese Schwelle überschritten ist, wird er oder sie als Rentner und damit als Belastung für die Gesellschaft eingestuft.

Zwar ist ein standardisierter Indikator offensichtlich notwendig, um nützliche internationale Vergleiche zu ermöglichen, doch ist es fraglich, ob das Alter von 65 Jahren als feste Grenze für den Eintritt in die Abhängigkeit verwendet werden sollte. Dies gilt umso mehr, als das gesetzliche Renteneintrittsalter in vielen Industrieländern (OECD) bereits bei 67 oder sogar 68 Jahren liegt bzw. bald liegen wird.

Dieser Indikator erweckt auch den falschen Eindruck, dass Menschen über 65 inaktiv und nutzlos seien, während das tägliche Engagement der jungen Rentner das Gegenteil beweist. Sie spielen nicht nur eine wichtige Rolle bei der Unterstützung junger Familien, sondern leisten auch einen entscheidenden Beitrag zu sportlichen, kulturellen oder politischen Vereinen, die ohne sie nur schwer funktionieren würden. Warum sollten diese Menschen als «abhängig» betrachtet werden, wenn unsere Gesellschaft auf sie angewiesen ist?

Zwei Jahre länger für 44 Jahre weniger

Das Überdenken der eigenen Vorurteile bedeutet auch, dass der Schwellenwert von 65 Jahren für die Berechnung des Altersquotienten in Frage gestellt wird. Bereits eine geringfügige Anpassung des Referenzalters für die Berechnung dieses Quotienten würde die Situation erheblich verändern.

Verschiebt man den Cursor auf 67, fällt der Altersquotient auf das Niveau von 1990 zurück (3,8 Erwerbstätige pro Rentner). Eine Änderung des Referenzalters zeigt gleich zweifache Auswirkungen: Auf der einen Seite führt eine Erhöhung auf 67 Jahre zu «mehr Aktiven», auf der anderen Seite zu «weniger Rentnern». So würden Menschen zwischen 65 und 67 Jahren von der Kategorie «abhängig» in die Kategorie «aktiv» wechseln.

Rechnet man zudem den effektiven Altenquotienten aus, d.h. unter Berücksichtigung des damals gültigen Rentenalters von Männern und Frauen, ist die Sensibilität des Quotienten noch beeindruckender. Eine Berechnung des Altersquotienten mit einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren würde jenes Gleichgewicht zwischen Erwerbstätigen und Rentnern wiederherstellen, das in der Schweiz im Jahr 1977 herrschte (vgl. Grafik). Ein um zwei Jahre höheres Rentenantrittsalter würde in demografischer Hinsicht 44 Jahre ausgleichen.

Gesellschaftliche und politische Implikationen

Das Beispiel des Altersquotienten zeigt deutlich, dass sich hinter einem scheinbar objektiven Indikator oft Vorurteile verbergen. Indem wir die Schwelle der Abhängigkeit auf 65 Jahre festlegen, stützen wir die Vorstellung, dass Menschen zerbrechlich und mittellos werden, sobald sie diesen schicksalhaften Punkt überschreiten.

Die Realität eines 65-Jährigen ist heute jedoch nicht mehr dieselbe wie vor 50 Jahren. Das Beharren auf demografischen Indikatoren, die offenkundig nicht mehr der heutigen Realität entsprechen, ist nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht zu hinterfragen. Es zementiert auch überholte Vorurteile, die weitgehende Konsequenzen haben. So beeinflusst die mentale Markierung einer «Abhängigkeit ab 65» den Arbeitsmarkt (z.B. bei der Frage der Weiterbildung älterer Mitarbeiter) und trägt dazu bei, notwendige Reformen wie die der AHV und des BVG zu lähmen, weil eine Anpassung des Rentenalters als Tabu betrachtet wird.

Der erste Schritt zur Anpassung unserer Institutionen an eine Gesellschaft, die zweifellos altert, aber auch immer länger aktiv ist, besteht darin, dass wir es wagen, hartnäckige Vorstellungen zu hinterfragen. Eine periodische Neudefinition demografischer Indikatoren wie desjenigen des Altersquotienten würde einen Perspektivenwechsel über das Altern in unserer Gesellschaft bieten und einen wichtigen Beitrag zur Lösung aktueller politischer Blockaden in der Altersvorsorge leisten.