Gemäss analytischen Grundlagen, die im Kanton Graubünden erarbeitet wurden, sollten Strategien für potenzialarme Räume idealerweise zu einer Trendumkehr führen (d.h. zu neuem Wachstum) oder zumindest zu einem Trendbruch (d.h. zu einer Stabilisierung). In Gebieten, wo dies nicht gelingt, geht es schliesslich um einen geordneten Rückzug und die Milderung negativer Begleiterscheinungen. Eine strategische Stossrichtung könnte darin bestehen, die periphere Lage als Alleinstellungsmerkmal zu nutzen.

Bestimmte Chancen für potenzialarme Räume ergeben sich gerade aus ihrer peripheren Lage, denn es gibt Dienstleistungen, für deren Erbringung Ruhe und landschaftliche Schönheit entscheidende Standortfaktoren sind. Dies gilt nicht nur für den sanften oder naturnahen Tourismus und bestimmte Segmente des Zweitwohnungssektors. Zwei Beispiele sind Gesundheitsdienstleistungen und Internate.

Manche Höhenkurorte haben aus ihrer einst peripheren Lage erfolgreiche Geschäftsmodelle entwickelt. Im Bild das Grand Hotel Belvédère und Waldsanatorium in Davos. (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Spezialkliniken

Höhenkurorte wie Davos dienten früher als Zentren zur Behandlung von Tuberkulosepatienten – wegen ihrer keimfreien Bergluft und weil sie für den ärztlich verordneten «Liegedienst» die nötige Ruhe boten. Auch heute noch gibt es im Schweizer Berggebiet zahlreiche Spezialkliniken, vor allem im Bereich der Rehabilitation. Dazu zählen die Rehaklinik Hasliberg (BE) für Muskel- und Gelenkerkrankungen, das allgemeine Rehazentrum Heiligenschwendi (BE), das Rehazentrum Walenstadtberg für Multiple Sklerose oder die 2016 neueröffnete Hochgebirgsklinik Davos (GR) für Allergiker. Ein neues Wachstumssegment sind Burnout-Kliniken für gestresste Städter aus dem Mittelland auf der Suche nach Entschleunigung. Alleine in Graubünden gibt es ein halbes Dutzend derartiger Einrichtungen an der Schnittstelle zwischen Medizin und Wellness.

Internate

Drei Länder beherrschen das internationale Topsegment für Privatschulen – Grossbritannien, die USA und die Schweiz. Dabei finden sich 15 der 20 teuersten Internate weltweit auf Schweizer Boden – mit Jahresgebühren von 61‘000 bis 114‘000 $ pro Schüler.  Viele davon sind im Berggebiet angesiedelt, darunter das Lyceum Alpinum in Zuoz (GR), die Leysin American School (VD), die Ecole d’Humanité nahe Meiringen (BE) und das 2015 neu gegründete Régent College in Montana (VS). Dieser Dienstleistungsexport ist nicht nur eine Quelle von Arbeitsplätzen, Wertschöpfung und Investitionen. Die meist mehrsprachigen Internate sind auch ein Standortfaktor für internationale Fachkräfte und ein wichtiges Komplementärprodukt zum Tourismus- und Zweitwohnungssektor.

Weitere Informationen zum Thema:«Strukturwandel im Schweizer Berggebiet – Strategien zur Erschliessung neuer Wertschöpfungsquellen».