Obwohl Subventionen oft mit Fehlanreizen und verzerrten Marktresultaten einhergehen, besteht in der Schweiz ein äusserst beschränktes Sensorium für deren potenzielle Schädlichkeit. Zwar verfügt die Schweiz über ein Subventionsgesetz – dieses regelt jedoch primär, was unter einer Subvention verstanden wird und unter welchen Bedingungen eine solche ausgerichtet werden kann. Es stehen somit hauptsächlich prozedurale Aspekte der Subventionsvergabe im Zentrum; die Frage, ob eine Subvention den Wettbewerb verfälschen könnte, spielt hingegen keine Rolle.

Der Bund gibt 2 von 3 Franken in Form einer direkten Subvention aus

Diese «lockere» Vergabepraxis erstaunt, gibt der Bund heute doch bereits 2 von 3 Franken in Form einer Subvention aus. Berücksichtigt sind dabei nur die direkten Finanzhilfen und Abgeltungen, die der Bund in seiner Subventionsdatenbank ausweist. Andere Subventionen, etwa geldwerte Vorteile aufgrund von Bürgschaften und Garantien, zinsvergünstige Darlehen oder verbilligte Sach- und Dienstleistungen (vgl. hierzu unten), werden hingegen nicht systematisch erfasst.

Wie die nachfolgende Abbildung aufzeigt, ist das Volumen der ausgerichteten Bundessubventionen über die letzten Dekaden stetig angestiegen. Waren es 1970 noch knapp 3,2 Mrd. Fr., betrug der entsprechende Wert 2019 bereits 42,3 Mrd. Fr. Dies entspricht einem Anstieg um über den Faktor 13 (inflationsbereinigt um ca. Faktor 4,5) in den letzten 50 Jahren. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden 2020 zudem neue Subventionen in der Höhe von 14 Mrd. Fr. gesprochen. Somit schüttete der Bund 2020 18-mal (inflationsbereinigt: 6-mal) mehr Subventionen aus als 1970.

Werden die Bundessubventionen ins Verhältnis zu den Staatsausgaben gesetzt, präsentiert sich die Entwicklung zwar etwas weniger dramatisch: Der entsprechende Wert betrug 1970 noch 40% und stieg bis 2019 auf 59% an. Trotzdem, diese Zahlen illustrieren, dass Subventionen auf Bundesebene über die Zeit erheblich an Bedeutung gewonnen haben; seit den 1990er Jahren machen sie über 50% der Bundesausgaben aus. Berücksichtigt man zudem die im Rahmen der Corona-Pandemie gesprochenen Mittel, gab der Bund 2020 65% in Form von Subventionen aus. Ob diese Quote in den nächsten Jahren wieder sinkt, muss sich zeigen – allzu oft lassen sich einmal gesprochene Subventionen, auch wenn sich ihr ursprünglicher Zweck längst erübrigt hat, im politischen Prozess nicht mehr abschaffen.

Keine Transparenz bezüglich der Empfänger von Subventionen

Die für 2020 in der Datenbank des Bundes erfassten Subventionen wurden aufgrund von 285 Tatbeständen in Verfassung und Gesetzen gesprochen. Im Gegensatz zur Praxis der Kantone (vgl. «Intransparente kantonale Subventionspolitik»), kann dem Bund somit zumindest eine gewisse Transparenz bei der Vergabe von Subventionen attestiert werden. Allzu weit her ist es dann aber mit dieser Transparenz jedoch nicht, wie etwa das Beispiel der Investitionsbeiträge aufzeigt: Der Bund spricht eine Vielzahl von Investitionsbeiträgen, besonders in den Infrastruktursektoren Energie und Verkehr. Diese werden meist in Form von Fonds organisiert, die dann in der Subventionsdatenbank erscheinen. So lässt sich dieser entnehmen, dass der Bund 2019 den Netzzuschlagsfonds mit rund 1,4 Mrd. Fr. speiste. Wohin dieses Geld effektiv floss, wird jedoch nicht ausgewiesen. Erst Zusatzrecherchen zeigen, dass aus diesem Fonds unter anderem Investitionsbeiträge für Klein- und Grosswasserkraft finanziert wurden. Bis anfangs 2019 wurden z.B. Grosswasserkraftwerke mit rund 100 Mio. Fr. unterstützt. Ebenso können für Biomasse-, Kehrichtverbrennungs- und Klärgasanlagen sowie Holzkraftwerke Investitionsbeträge beim Bund beantragt werden, die dann wiederum über den Netzzuschlagsfonds abgewickelt werden.

Nur die Spitze des «Subventionseisbergs»?

Mit den in der Subventionsdatenbank erfassten Tatbeständen sind, wie erwähnt, nur die offensichtlichsten Subventionen des Bundes angesprochen. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese lediglich die Spitze des «Subventionseisbergs» darstellen, denn es existiert eine Vielzahl weiterer Subventionsarten, die nirgends systematisch erfasst und ausgewiesen werden. Zu nennen sind etwa Bürgschaften und Garantien, die vom Bund in der Regel unentgeltlich gewährt werden. Damit beinhalten auch diese eine Subventionskomponente, da sich der Schuldner günstiger am Kreditmarkt refinanzieren kann. Nicht nur bürgt der Bund für Kredite, teilweise vergibt er diese gleich selbst, und zwar nicht immer zu marktüblichen Konditionen. Auch dies kommt offensichtlich einem geldwerten Vorteil und somit einer Subventionierung des Kreditnehmers gleich.

Auch Abgaben- und Gebührenbefreiungen können zudem Subventionen darstellen. Neben den Abgabenbefreiungen im Bereich der CO2-Gebühren sowie der Automobilsteuern und den Schwerverkehrsabgaben (LSVA) ist etwa die Rückerstattung des Netzzuschlags zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien an gewisse Unternehmen zu erwähnen. Gerade letzteres Beispiel zeigt exemplarisch auf, wie Subventionen den Markt verzerren können: Ursprünglich war die Rückerstattung des Netzzuschlags zur Entlastung der stromintensiv produzierenden, exportorientierten Industrie gedacht, von der anfänglich rund 30 Unternehmen profitierten. An sich war die industriepolitisch motivierte Bevorzugung spezifischer Unternehmen schon von Beginn weg fragwürdig, unterdessen wurde sie aber auf beinahe 230 Unternehmen ausgedehnt. Dabei werden querbeet stromintensive Unternehmen – vom Skilift bis zum Wellnesspark – subventioniert, wobei nur grosse Unternehmen in den Genuss einer Erleichterung kommen, da eine Untergrenze von 20’000 Fr. für die Rückerstattung gilt.

Weitverbreitete Steuervergünstigungen

Eine weitere Subventionsart stellen Steuervergünstigungen dar. Diese sind weitverbreitet, obwohl das Subventionsgesetz explizit festhält, dass auf Finanzhilfen in dieser Form verzichtet werden soll. Wie sich der Staatsrechnung entnehmen lässt, wird das Ausmass der Steuervergünstigungen in der Schweiz jährlich auf ca. 24 Mrd. Fr. geschätzt. Dieser Betrag setzt sich hauptsächlich aus Vergünstigungen der direkten Bundessteuer (9,8 Mrd. Fr.), der Mehrwertsteuer (8,1 Mrd. Fr.) und der Stempelabgaben (4,4 Mrd. Fr.) zusammen.

Von vielen Steuervergünstigen dürften jedoch vor allem private Haushalte profitieren. Es handelt sich in diesem Sinne nicht um subventionsrelevante Sachverhalte. So stellt etwa der Grossteil der Vergünstigungen bei den Bundessteuern Abzüge für die Altersvorsorge oder die Berufskosten dar, die keine Gefahr der Wettbewerbsverzerrung bergen. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ausmass an wettbewerbsverzerrenden Steuervergünstigungen zugunsten einzelner Unternehmen jährlich mehrere Milliarden Franken beträgt. Gerade solche Steuervergünstigungen sind besonders problematisch; der selektive Verzicht auf Steuereinnahmen gehört zu den intransparentesten und schädlichsten Subventionsformen überhaupt.

Eine gigantische eidgenössische Subventionsmaschine

Insgesamt präsentiert sich der Bund als riesige Subventionsmaschine, die jährlich viele Milliarden Franken umwälzt – entweder in Form von direkten Begünstigungen oder eines Verzichts auf Einnahmen. Welcher Teil dieser Subventionen allenfalls mit wettbewerbsschädigenden Effekten einhergeht, lässt sich nicht genau bestimmen. Sicherlich können an natürliche Personen oder internationale Organisationen ausgeschüttete Subventionen aus wettbewerblicher Sicht als unproblematisch eingestuft werden. Sortiert man solche «unproblematischen» Subventionen aus, halbiert sich das Volumen der direkten Bundessubventionen von 57 Mrd. Fr. beinahe. Im Jahre 2020 verblieben aber noch immer Subventionen im Wert von mehr als 30 Mrd. Fr., für die nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie mit wettbewerbsverzerrenden Wirkungen einhergehen.

Nicht eingerechnet sind hierbei subventionsartige Steuervergünstigungen, allfällige Abgaben- und Gebührenbefreiungen, zu Vorzugsbedingungen abgegebene Waren und Dienstleistungen, Sonderrechte, bevorteilende Regulierung etc. – alles Subventionsarten, die Unternehmen in ihrer Wirkung wirtschaftliche Vorteile zukommen lassen, von denen sie unter normalen Marktbedingungen nicht profitieren würden.

Auch wenn sich aufgrund der mangelnden Transparenz kaum belastbare Aussagen treffen lassen, kann somit davon ausgegangen werden, dass das Ausmass potenziell wettbewerbsverzerrender Subventionen auf Ebene des Bundes erheblich ist. Zu fordern ist deshalb eine strukturierte und regelmässige Überprüfung von Subventionen auf ihre wettbewerblichen Wirkungen, um zumindest die schädlichsten unter ihnen zu identifizieren und auszumerzen. Eine Voraussetzung hierfür wäre jedoch eine viel weitergehende Transparenz bezüglich der Subventionsvergabe des Bundes, als sie heute besteht.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Die Schweiz – ein Land der Subventionen».