Nicht nur die Kantone mischen mit ihren Kantonalbanken auf den Finanzmärkten mit. Mit der Mitte 2013 erfolgten Erteilung einer Banklizenz an die PostFinance – eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Schweizer Post – ist auch der Bund Eigentümer einer Bank geworden. Seit Ende August 2017 muss die PostFinance nun jedoch, im Gegensatz zur Mehrheit der Kantonalbanken, auf eine Staatsgarantie verzichten. Diese sah eine umfassende Subsidiärhaftung des Bundes vor, falls die Mittel der PostFinance ihre Verpflichtungen nicht mehr gedeckt hätten. Die Staatsgarantie stellte somit einen zusätzlichen Einlageschutz dar und entfaltete für die PostFinance faktisch die Wirkung einer Bestandesgarantie. Der Wegfall der Staatsgarantie ist eine Folge der Totalrevision der Postgesetzgebung, die im Herbst 2012 in Kraft trat, und unter anderem auch zu einer Umwandlung der PostFinance in eine Aktiengesellschaft führte.

Ein Schritt in die richtige Richtung . . .

Die Abschaffung der Staatsgarantie ist ein aus ordnungspolitischer Perspektive zu begrüssender Schritt, denn diese kann mit enormen Haftungslasten für den Staat und seine Steuerzahler einhergehen. Dies zeigte sich eindrücklich in der Immobilienkrise der 1990er-Jahre, als etliche Kantonalbanken nur knapp an einem finanziellen Desaster vorbeischrammten, einige Schäden in Millionen- und Milliardenhöhe nicht mehr abwenden konnten und auf die rettende Hand des Staates angewiesen waren. Drei Beispiele zur Erinnerung: Die Kantone Solothurn und Appenzell-Ausserrhoden mussten ihre Kantonalbanken damals mit Verlusten von 360 bzw. 250 Mio. Fr. verkaufen – sie existieren heute nicht mehr. Den Kanton Bern kam die Rettung seiner Kantonalbank (BEKB) auf stattliche 2,6 Mrd. Fr. zu stehen, und das Debakel ist mit ein Grund für die bis heute prekäre finanzielle Lage des Kantons.

Nichts spricht dagegen, die PostFinance in die unternehmerische Freiheit zu entlassen. (Wikimedia Commons)

Staatsgarantien werden aber auch aus anderen Motiven kontrovers diskutiert. Insbesondere wird kritisiert, dass Banken mit Staatsgarantien Vorteile im Wettbewerb mit privaten Finanzinstituten erwachsen würden, z.B. aufgrund besserer Refinanzierungskonditionen. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden Staatsgarantien in der EU als unzulässige Beihilfen eingestuft. Das Festhalten an den Staatsgarantien stellt denn auch einer der Hauptgründe dar, weshalb die Schweiz keine Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU und anderen europäischen Ländern abschliessen kann.

. . . aber nur die halbe Miete

Mit der Abschaffung der Staatsgarantie für die PostFinance hat der Bund also einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Ein grundsätzliches Dilemma bleibt jedoch bestehen: 2015 wurde die PostFinance von der Schweizerischen Nationalbank als systemrelevant eingestuft, womit sie unter die «too big to fail»-Regulierung fällt. Damit soll sichergestellt werden, dass sie im Insolvenzfall nicht mehr vom Staat gerettet werden müsste. Da der Eigentümer der PostFinance jedoch nach wie vor der Staat ist, wäre es letztlich auch unter dem «too big to fail»-Regime der Steuerzahler und nicht ein privates Aktionariat, das eine Notfall-Rettung tragen müsste. De facto besteht also für die PostFinance weiterhin eine Staatsgarantie, auch wenn diese nun nicht mehr explizit, sondern implizit ist.

Dieses Dilemma könnte durch eine Privatisierung der PostFinance aufgelöst werden. Damit würden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Für die PostFinance besteht nämlich aktuell ein Verbot zur Vergabe von Krediten und Hypotheken, was ihr Geschäftsfeld erheblich einschränkt. Zusammen mit den 2014 von der Schweizer Nationalbank eingeführten Negativzinsen hat diese Situation zu einem erheblichen Ertragsrückgang und Wertzerfall der PostFinance geführt. Es ist dann auch nicht weiter verwunderlich, dass die PostFinance das Kreditverbot zu umgehen versucht, etwa in dem sie – anstelle von Krediten – Darlehen über den Geld- und Kapitalmarkt vergibt. So investiert die PostFinance in grossem Stil in Anleihen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften (Gemeinden und Kantonen) sowie privater und staatlicher Unternehmen. Mit einer Privatisierung der PostFinance – d.h. einer Veräusserung der Aktienmehrheit des Bundes – könnte also nicht nur das Problem der impliziten Staatsgarantie entschärft werden, sondern der PostFinance gleichzeitig die politische Unabhängigkeit und unternehmerische Flexibilität gegeben werden, die sie benötigt, um sich am Markt zu behaupten.

Weitergehende Informationen zum Thema «Privatisierung» finden Sie im avenir debatte «Das Märchen vom Tafelsilber».