Urbane Lebensqualität bedeutet unter anderem, dass genügend Platz zum Wohnen angeboten wird. Nur so wird der städtische Raum nicht zu einem abgeschotteten Ort für Insider, d.h. für Personen die schon heute über eine – durch Regulierung von Marktkräften verschonte – Wohnung verfügen. Gefragt sind Angebote, die auch Aussenstehenden eine Chance bieten, sich auf dem Stadtgebiet zu annehmbaren Konditionen niederzulassen.

Anders als oftmals kolportiert, führt der Weg dahin aber nicht über einen immer stärker regulierten Wohnungsmarkt, der mit zentralistischen Ansätzen die knappen Wohneinheiten möglichst «fair» verteilen will. Die einzige nachhaltige Lösung ist ein Ausbau des Angebots. Andernfalls wird sich die ständig steigende Nachfrage zwangsläufig in höheren Mietpreisen oder unfairen Formen der Wohnungszuteilung (z.B. über Insider-Beziehungen) niederschlagen. Die Bautätigkeit im Bereich der Wohnimmobilien ist ein untrügliches Zeichen dafür, inwieweit die Stadtpolitik hier die notwendigen Rahmenbedingungen setzt.

Das Städtemonitoring

Im Rahmen des Städtemonitorings wurde die relative Bautätigkeit (Veränderung Wohnungsbestand in Prozent des Wohnungsbestandes) in den Städten mit jener des jeweiligen Umlandes für den Zeitraum von 2000 – 2015 verglichen.

Für die vorliegende Untersuchung wurden die Daten aktualisiert. Neu wird die Veränderung in der Periode von 2000 – 2017 verglichen. In den Kantonen Tessin und Luzern kam es in diesem Zeitraum zu Eingemeindungen. Der Vergleich basiert auf den Gemeindegrenzen gemäss heutigem Stand; Bautätigkeit in während des Untersuchungszeitraums zur Zentrumsstadt fusionierten Gemeinden wird also der Stadt zugerechnet.

Ergebnisse

Die Untersuchung der Bautätigkeit zeigt die Problematik der heutigen städtischen Wohnungspolitik deutlich auf. In keiner einzigen der untersuchten Städte erreicht die Bautätigkeit im Schnitt der letzten 17 Jahre jene des Umlandes. Zusätzlicher Wohnraum entstand vor allem in den Agglomerationen, was viele Nachfragende zwang, ins Umland auszuweichen. Anders als etwa vom Städteverband vor ein paar Jahren suggeriert, kann also keineswegs von einer hohen Bautätigkeit gesprochen werden – zumindest nicht im Vergleich zur unmittelbaren Agglomeration.

Ihrem Umland am nächsten kommen Lugano, Winterthur und Biel. Hier beträgt die Wohnbauquote etwa 80% des Umlands. Das gute Abschneiden Winterthurs ist insofern etwas zu relativieren, als die Stadt sich durch sehr weit gezogene Stadtgrenzen auszeichnet. Was bei anderen Städten schon als Teil des Umlandes gewertet würde, gehört hier noch zum administrativen Gebiet der Stadt.

Genau der umgekehrte Fall trifft auf Genf und – etwas weniger deutlich – auf Basel zu: Hier umfassen die politischen Grenzen der Stadt nur den inneren Kern des urbanen Siedlungsraums. Es verwundert daher wenig, dass die Bautätigkeit in diesen dicht besiedelten Kernzonen zwischen 2000 und 2017 nur gerade 34% der Bautätigkeit des jeweiligen Umlands erreicht. Gerade im Fall von Genf sollte das aber nicht davon ablenken, dass Genfs Wohnungsnot mit der ausuferndsten Regulierung schweizweit trotzdem vor allem hausgemacht ist.

In den übrigen fünf Städten beläuft sich die relative Bautätigkeit auf 40% (Bern) bis 59% (St. Gallen). In Bern wurden z.B. in den 1960er Jahren fünfmal mehr Wohnungen erbaut als in den 2000ern. Diese Ergebnisse sollten ein starker Hinweis an die Städte sein, die Rahmenbedingungen anzupassen – beispielsweise durch das Zulassen stärkerer Verdichtung, die Aufstockung bestehender Gebäude und die Lockerung investitionshemmender Regulierungen, damit sich das Angebot an Wohnraum auf dem Stadtgebiet erhöhen kann.

Weiterführende Informationen vgl. «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik».