Die Qualität einer Universität hängt entscheidend von der Qualität ihres Lehrkörpers, der Selektion ihrer Studierenden, ihrer Führungs- und Leitungsorganisation sowie einer stabilen Basisfinanzierung ab. Universitäten brauchen zudem Selbständigkeit, um unter anderem hervorragende Wissenschafter international rekrutieren und die grössten Talente entdecken und halten zu können. Letzteres gilt insbesondere für die Nachwuchsförderung. Mit dieser tun sich die Universitäten offenbar schwer, wie eine laufende hochschulinterne Auseinandersetzung zeigt.

Auf der einen Seite moniert eine Gruppe junger Wissenschafter mit ihrer «Vision 2020», die Schweiz verschleudere mit ihrer konzeptionslosen Nachwuchsförderung intellektuelle Ressourcen. Sie fordern für den wissenschaftlichen Nachwuchs verlässliche langfristige Perspektiven. Darunter verstehen sie die Schaffung von mehr Assistenzprofessoren mit Tenure Track, d. h. mit der Aussicht auf Festanstellung bei hervorragenden Leistungen, die Reduktion der Anzahl von Postdocs, den Abbau von schwerfälligen Grossordinariaten, das Recht von Doktoranden, eigene Forschungsgelder zu beantragen und die Anhebung der Doktorandensaläre.

Auf der anderen Seite steht der Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS), Prof. A. Loprieno, Rektor der Universität Basel, der den Kritikern nicht nur vorhält, sie würden ein vollkommen antiquiertes Bild der schweizerischen Universitätslandschaft vermitteln. Er befürchtet sogar, dass mit weiteren Festanstellungen und damit einer Verbeamtung eines Teils des akademischen Mittelbaus das Universitätssystem an Flexibilität verlöre und auf Jahrzehnte hinaus blockiert würde. Er plädiert deshalb für eine Vergrösserung des Mittelbaus mit befristeter Anstellung. Es ist von aussen nicht so einfach zu beurteilen, wer in dieser Auseinandersetzung die richtigen Antworten hat, doch muss es irgendwie befremden, wenn zwei universitätsinterne Gruppen sich mit so unterschiedlichen Lösungsvorschlägen gegenüber stehen. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass auf Universitätsebene über die richtige Nachwuchsförderung gestritten wird, steht doch dieses Thema schon seit langem auf der Traktandenliste.

Bereits vor mehr als zehn Jahren hat Prof. Gottfried Schatz, der im Jahr 2000 nach einer eindrücklichen wissenschaftlichen Laufbahn und als zeitweiliger Leiter des international renommierten Basler Biozentrums vom Bundesrat zum Präsidenten des Schweizerischen Wissenschafts-und Technologierats (SWTR) gewählt wurde, die Nachwuchsförderung als eines der dringendsten Probleme bezeichnet. Denn Finanzmittel alleine könnten auf Dauer keinen Spitzenplatz in der Forschung sichern, wenn nicht gleichzeitig vor allem erstklassige wissenschaftliche Talente gefördert würden. Im Tenure-Track-System sah er ein erprobtes Mittel, um dem Mangel Abhilfe zu schaffen. Deshalb kritisierte er das damalige Bundesprogramm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, weil es versäumt habe, faire und transparente Selektionskriterien festzulegen, um die Besten zu fördern und nicht die, welche über die besten persönlichen Beziehung verfügten. Er schloss seinen aufrüttelnden Artikel über die «Exzellenz – ein Schweizer Tabu?» mit der Feststellung: «Unsere offizielle Forschungspolitik setzt zu sehr auf Organisation, Evaluation und verordnete Koordination und zu wenig auf den Wettstreit der Besten» (NZZ. vom 8. Januar 2003). Dem ist aus heutiger Sicht mit Blick auf das neue Hochschulförderungs- und –koordinationsgesetz nichts mehr beizufügen, weil die Aussage von Prof. G. Schatz wohl noch zutreffender ist als damals.

Ohne Zweifel wollen die – allzu vielen – Förderinstitutionen im schweizerischen Hochschulsystem, die sich seither zur Nachwuchsförderung geäussert haben, nur das Beste. Aber leider scheinen die vielen gut gemeinten Ratschläge, angefangen von der Schweizerischen Universitätskonferenz, über die Rektorenkonferenz, den Nationalfonds, die KTI, den SWTR bis zu den Wissenschaftlichen Akademien entweder nicht zusammenzupassen oder die einzelnen Institutionen sind zu schwach, um etwas zu bewirken. Aber noch nachdenklicher muss einen stimmen, dass in den letzten zehn Jahren die einzelnen Hochschulen trotz erweiterter Autonomie nicht in der Lage waren, dass Nachwuchsproblem in eigener Regie befriedigend zu lösen. Die Universitäten dürften sich nicht beschweren, wenn sich die Politik sich wieder stärker in hochschulinterne Fragen einzumischen beginnt. Denn die Hochschulautonomie macht nur dann einen Sinn, wenn die Universitäten ihre ureigenen Probleme auch selbst lösen können.