Das Parlament diskutiert derzeit einen indirekten Gegenvorschlag zur sogenannten «Kita-Initiative». Das Herzstück des Gegenvorschlags sind pauschale Betreuungszulagen: Wer sein Kind einen Tag pro Woche in die Kita gibt, soll 100 Franken monatlich erhalten – bei Vollzeitbetreuung sind es 500 Franken. Und das ganz unabhängig davon, in welchem Pensum die Erziehungsberechtigten erwerbstätig sind.
Die neue Sozialleistung dürfte rund 700 Millionen Franken pro Jahr kosten. Ihr erklärter Zweck: die Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen, zu erhöhen. Doch wie realistisch ist dieses Versprechen?
Begrenzte Wirkung trotz grosser Erwartungen
Zwar zeigen gewisse internationale Studien einen positiven Zusammenhang zwischen Ausgaben für die vorschulische Betreuung und der Erwerbstätigkeit von Müttern. Doch die Effekte sind viel kleiner, als oft angenommen: Eine Senkung der Kinderbetreuungskosten um 10% führt lediglich zu einem Anstieg der Erwerbstätigkeit um 0,5 bis 2,5%. Studien für die Schweiz kommen zu ähnlichen Ergebnissen.
Wie gering diese Effekte in der Praxis ausfallen, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel: Sinken die Kitakosten um 500 Franken pro Monat – das entspricht rund 20% bei einer Vollzeitbetreuung zu 2500 Franken – dann würde den erwähnten Studien nach die Erwerbsarbeit der Mütter um 1 bis 5% steigen. Bei einem durchschnittlichen Pensum von 18 Stunden pro Woche (in Paarhaushalten) entspricht das einer Zunahme von gerade einmal 11 bis 54 Minuten pro Woche.
Zudem deuten die Befunde darauf hin, dass sich die Effekte primär auf eine Erhöhung des Pensums bereits erwerbstätiger Mütter beziehen, während der Einstieg in die Erwerbstätigkeit deutlich schwächer oder gar nicht beeinflusst wird.
Warum sich das Verhalten kaum ändert
Wird externe Betreuung günstiger, lohnt sich Erwerbsarbeit besonders für Zweitverdienende eher, da am Ende des Monats mehr vom Lohn übrigbleibt. So die gängige Argumentation. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Wer durch tiefere Kitakosten mehr Einkommen zur Verfügung hat, kann sich unter Umständen auch mehr Freizeit leisten. Manche Eltern entscheiden sich dann bewusst dafür, nicht mehr zu arbeiten, sondern mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Ökonominnen sprechen von einem sogenannten Einkommenseffekt: Mehr verfügbares Einkommen bedeutet nicht zwingend mehr Erwerbsarbeit – es kann auch genau das Gegenteil bewirken. Die Folge: Der gewünschte Anreizeffekt wird zum Teil kompensiert.
Zudem spielen neben finanziellen Überlegungen auch andere Faktoren eine zentrale Rolle: Mehr als die Hälfte der nicht- oder teilzeiterwerbstätigen Mütter nutzen externe Kinderbetreuung nicht stärker, weil sie ihre Kinder lieber selbst betreuen möchten. Gleichzeitig dürften gesellschaftliche und traditionelle Rollenbilder nach wie vor wirken – diese können dazu führen, dass Frauen auch unabhängig von ökonomischen Anreizen auf eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit verzichten.
Warum die Subvention trotzdem teuer ist
Auch wenn sich viele Eltern durch tiefere Betreuungskosten nicht anders verhalten, fliesst das Geld trotzdem – und zwar an sehr viele Haushalte. Die Folge sind hohe Mitnahmeeffekte:
- Familien, die ihre Kinder ohnehin in die Kita schicken, erhalten zusätzliches Geld – obwohl sie ihr Verhalten nicht ändern
- Haushalte, die ihre Kinderbetreuung bislang privat organisiert haben, wechseln zur institutionalisierten Betreuung
- Auch Eltern, die ihre Kinder nicht aus beruflichen Gründen betreuen lassen, profitieren
So entstehen hohe Kosten – ohne dass das politische Ziel, die Erwerbsarbeit zu fördern, erreicht wird. Hinzu kommt: Die rund 700 Millionen Franken jährlich müssen irgendwo erhoben werden. Voraussichtlich geschieht das über zusätzliche Lohnprozente – was die Erwerbsanreize wiederum schwächt.
Ungezielt verteilt – sozialpolitisch fragwürdig
Pauschale Betreuungszulagen haben damit nicht nur kaum spürbare arbeitsmarktliche Effekte – ihre Verteilungswirkung ist ebenso fragwürdig: Menschen ohne Kinder oder Familien, die andere Betreuungsformen wählen, finanzieren jene mit, die ihre Kinder in einer Kita betreuen lassen.
Kitas werden dabei überproportional von einkommensstarken Familien genutzt: Während etwa 40% der Kinder aus den höchsten Einkommensschichten eine institutionelle Betreuungseinrichtung besuchen, liegt der Anteil im untersten Einkommensfünftel bei unter 20%. Das deutet auf eine gewisse Umverteilung von unten nach oben hin – eine Wirkung, die politisch kaum beabsichtigt sein dürfte.