Die städtische Verdichtung und die damit verbundene Schaffung neuen Wohnraums ist fast schon zum Mantra in der politischen Debatte geworden. Die grossen Städte Zürich, Genf und Basel verfolgen umfassende Verdichtungsstrategien – alleine in Zürich wurden in der letzten Dekade 11‘500 zusätzliche Wohneinheiten geschaffen (2001-2011). Die grossen Verdichtungsreserven der Schweiz liegen jedoch nicht in den städtischen Zentren, sondern in deren Agglomerationen mit ihren viel niedrigeren Ausnützungsziffern. Wenn die Verdichtung gelingen soll, müssen vor allem im ersten Agglomerationsgürtel der grossen Zentren urbanere Strukturen entstehen.
Ein Laboratorium für den Umbau der «Agglo» zur Stadt ist das Limmattal zwischen Zürich und Brugg. Dieses aus ehemaligen Dörfern zusammengewachsene Siedlungsband ist heute geprägt durch ein Gewirr aus Wohnbauten, Gewerbegebieten und Freiflächen. Die Einwohnerzahl soll bis 2030 von heute 80‘000 um weitere 30‘000 wachsen, und der Umbau des durch Gemeinde- und Kantonsgrenzen fragmentierten Raums ist in vollem Gange: Arealentwicklungen auf Industriebrachen sind Vorboten einer urbanen Struktur. Die Grünflächen entlang der Limmat werden im Rahmen des Projekts «Agglomerationspark Limmattal» bis 2025 zu einem durchgehenden Naherholungsraum aufgewertet. Und bis 2020 soll die «Limmattalbahn» das Gebiet durch ein zusätzliches ÖV-System erschliessen.
Mitten in dieser künftigen Stadtlandschaft liegt ein gigantisches Gleisareal, das die SBB für 170 Mio. Fr. zum grössten Containerterminal des Landes umbauen möchte. Das zehn Jahre alte Projekt «Gateway Limmattal» scheint wie aus der Zeit gefallen: Mit seinem enormen Flächenbedarf, hohem Verkehrsaufkommen und damit verbundenen Lärmemissionen scheint es in dieser dichtbesiedelten und verkehrstechnisch überlasteten Talschaft fehl am Platz. Ähnlich wie beim Flughafen Zürich birgt der Bau einer überregionalen Verkehrsdrehscheibe so nahe an der Stadt erhebliches Konfliktpotential.
Ein vom führenden privaten Terminalbetreiber der Schweiz vorgeschlagenes Alternativprojekt am Hochrhein nahe der deutschen Grenze könnte nicht nur kostengünstiger und logistisch effizienter sein, sondern es böte vor allem auch eine raumplanerische Chance: Der Rückbau des grossen Gleisfeldes im Herzen des Limmattals würde riesige Flächen für den Siedlungsbau und eine Naherholungszone schaffen. Interessanterweise ist die Halbinsel Manhattan fast gleich gross wie das Limmattal. Ähnlich wie New York könnte das Limmattal seinen Stadtbewohnern einen eigenen «Centralpark» bieten.
Wenn Verdichtung in der Metropolitanregion Zürich wirklich gelingen soll, benötigt auch das Limmattal eine städtebauliche Vision. Die derzeit mit Unterstützung der ETH laufende Testplanung hat das Ziel, eine solche zu entwickeln. Die Zukunft des heutigen Gleisfeldes und der optimale Standort für einen Containerterminal sollte in diesem Zusammenhang genauer geprüft werden.