Anfang Dezember wurde in Brüssel ein umfassendes Papier mit Reformvorschlägen zur Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt. Gemeinsam mit Think-Tanks aus Deutschland, Polen und der Türkei präsentiert Avenir Suisse darin Ideen und Erkenntnisse.
Noch immer hat sich die EU nicht vollständig von der schwersten Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren erholt. Vor allem die Länder der Eurozone haben grosse Mühe, wieder zu Wachstum und gesunden Staatsfinanzen zurückzufinden. Trotz der Reformanstrengungen in Brüssel und in den betroffenen Mitgliedstaaten verharrt die Arbeitslosigkeit – nicht zuletzt diejenige der europäischen Jugendlichen – in nicht akzeptierbarer Höhe.
Welche Reformen sind notwendig, damit die EU wieder zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit und einem robusten Wachstum zurückfindet? Diese Fragen stellten die Wirtschaftsverbände Polens, der Türkei und der Schweiz vier auf Wirtschaftsfragen spezialisierten Think-Tanks. Die am letzten Donnerstag (4. Dezember 2014) in Brüssel der Öffentlichkeit präsentierte Studie «The Future of European Integration: A Reform Call», die von Günter Verheugen (ehem. Vizepräsident der EU-Kommission) koordiniert wurde, soll Antworten geben und einen Beitrag zur laufenden Reformdebatte liefern.
Im ersten Kapitel analysiert Avenir Suisse die Herausforderungen, denen sich die europäische Währungsunion aufgrund der wirtschaftlichen Ungleichgewichte der Mitgliedstaaten stellen muss. Die Autoren empfehlen eine systematische Politik der Subsidiarität und der variablen Geometrie zur Rückgewinnung des Vertrauens der Wirtschaftsakteure, sowie zur Stärkung der Glaubwürdigkeit der EU-Verantwortlichen. Der Beitrag des polnischen THINTANK Centre (Kapitel 2) konzentriert sich auf die notwendigen Reformen im Binnenmarkt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Ausgehend von der Feststellung, dass die geplanten Reformvorhaben der Europäischen Kommission schlicht ungenügend sind, wird unter anderem vorgeschlagen, die einst so erfolgreiche «EU-Konvergenz-Maschine» wieder anzukurbeln und für ein unternehmerfreundlicheres Umfeld zu sorgen.
Um aussenpolitische Fragen, vor allem im Bereich der europäischen Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik, dreht sich das dritte Kapitel, das vom türkischen TÜSIAD Foreign Policy Forum verfasst wurde. Es beinhaltet einen bunten Strauss von Empfehlungen, der etwa die Stärkung der Bedeutung der EU auf dem internationalen Parkett oder die Schaffung einer «Associate Membership» für Länder der Östlichen Partnerschaft und der Union für den Mittelmeerraum beinhaltet. Im letzten Kapitel werden von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGPA) Reformmöglichkeiten der europäischen Institutionen thematisiert. Vielversprechende Lösungsansätze werden in einer nach Tempo und Inhalt differenzierten Integration sowie der besseren Einbindung nationaler Parlamente in die Entscheidungsprozesse geortet.
Zur englischsprachigen Studie (PDF Download)
Eine deutschsprachige Version des Beitrags von Avenir Suisse zur Studie «The Future of European Integration: A Reform Call» wurde bereits anfangs November unter dem Titel «Mehr Subsidiarität statt falscher Solidarität» veröffentlich.